Welthandelskonferenz auf Bali WTO einigt sich auf Handelsabkommen

Stand: 07.12.2013 09:54 Uhr

In einer Marathon-Sitzung haben sich die Mitgliedstaaten der WTO auf ein neues Abkommen zur Liberalisierung des Welthandels geeinigt. Nach zwei Nacht- und einer Sondersitzung stand das neue Paket. Es ist das erste dieser Art seit 20 Jahren und stärkt die Welthandelshandelsorganisation.

Von Hans-Jürgen Maurus, Zürich

Von Hans-Jürgen Maurus, ARD-Hörfunkstudio Zürich, zurzeit Bali

Es ist ein historischer Moment und ein hart erkämpfter. Erst in buchstäblich letzter Minute konnten sich die 159 WTO-Mitglieder auf der Welthandelskonferenz auf Bali auf einen Kompromiss einigen. Nach zähen Verhandlungen, endlosen Marathonsitzungen und behutsamen Annäherungsversuchen gelang in der Nacht eine Textvorlage, mit der die Blockade Indiens überwunden und das Scheitern der Gespräche verhindert wurde.

Das Bali-Paket sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, die zu Handelserleichterungen, Abbau von Bürokratie und Zollhemmnissen sowie schnellerem Marktzugang der Entwicklungsländer führen sollen. Und die meisten Staaten wollten dieses Paket.

Indien verzögert Einigung

Doch Indien thematisierte das politische Reizwort Nahrungsmittelsicherheit und legte sich quer und blockierte alle Einigungsversuche, um sein massives Ernährungsprogramm für die ärmsten Bevölkerungsschichten zu schützen. Da die indische Regierung künftig beim staatlich finanzierten Ankauf von Reis und Maisvorräten die von der WTO erlaubten Obergrenzen überschreiten wird, drohen Klagen von Konkurrenten.

Solchen Streit wollte man mit einer vierjährigen Ausnahmegenehmigung verhindern, doch Neu-Delhi lehnte diesen Vorschlag der USA ab. Die Forderung der Inder: keine zeitliche Begrenzung der Ausnahmeregelung. In stundenlangen Debatten wurden die Inder bilateral, multilateral und durch Neuformulierungen im Text weichgeklopft.

Auch Kubaner blockieren

Doch bis zum Schluss stand aber alles auf der Kippe, denn plötzlich machten auch die Kubaner Probleme, um gegen das anhaltende Handelsembargo der USA zu protestieren. Russen und Chinesen griffen ein, dann wurde der Kompromisstext zur Begutachtung veröffentlicht. Der Lösungsvorschlag: Bis zur 11. Ministerkonferenz in vier Jahren ist eine permanente Lösung des politisch heiklen Themas Nahrungsmittelsicherheit auszuhandeln. Gelingt dies nicht, darf Indien das massive Ankaufen von Reis und Mais für mehr als 700 Millionen Menschen im eigenen Land fortsetzen.

Die Ausnahmegenehmigung endet nicht mehr automatisch, Indien muss sich aber verpflichten, mit seinen umfangreichen Aufkäufen keine Verzerrung der internationalen Agrarmärkte auszulösen, indem es etwa angehäufte billige Reisvorräte international verkauft. Und: Indien darf nicht zum Präzedenzfall für andere Staaten werden, frei nach der Devise: Einmal ist kein Mal. Das war der Durchbruch. Erleichterung war dem erschöpften WTO-Generaldirektor Roberto Azvedeo anzumerken, als er morgens um drei Uhr Ortszeit vor die Presse trat und verkündete, man habe "geliefert".

Bali ist also doch noch ein Erfolg, auch wenn Nichtregierungsorganisationen das Resultat als Erfolg der Konzerne und Niederlage der Ärmsten der Welt scharf verurteilen. Für die WTO stand auf der Insel der Götter mehr auf dem Spiel als nur das Bali-Paket: die eigene Glaubwürdigkeit, die eigene Handlungsfähigkeit, die Zukunft der Welthandelsorganisation. Es ist der erste substantielle Erfolg der WTO seit zwölf Jahren. Doch die Verhandlungen waren eine Zitterpartie. Und eine Demonstration von Machtpolitik.

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