130 Milliarden Euro gegen die Krise Vierer-Gipfel schnürt Wachstumspaket

Stand: 22.06.2012 19:40 Uhr

Bei ihrem Treffen in Rom haben sich die Regierungschefs der vier stärksten Euro-Volkswirtschaften auf ein 130-Milliarden-Euro-Paket für mehr Wachstum und Beschäftigung geeinigt. Auch bei einer Finanztransaktionssteuer rückt man näher - ansonsten gab es wenig Übereinstimmung.

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom

In Rom ist es in diesen Tagen unerträglich heiß. Über 35 Grad. Kein Wind, die Stadt ein heißer Kessel. Wie gut, dass Mario Monti die Regierungschefs der vier größten Länder der Eurozone auf einen der Hügel der Stadt eingeladen hat. Hier oben kann man angesichts der Euro-Turbulenzen einen kühlen Kopf bewahren. Ob Eurobonds, Wachstumsprogramme, Anleihenkäufe: Es gibt praktisch kein Thema, auf das sich die großen Euro-Staaten zurzeit einigen können.

Deshalb ging es heute in Rom vor allem um ein positives Signal. Die Botschaft des Tages durfte Gastgeber Mario Monti verkünden: Ein Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts soll künftig in Wachstumsmaßnahmen investiert werden. Das wären etwa 130 Milliarden Euro. Italiens Regierungschef kündigte an: "Bei der nächsten Ratssitzung werden wir eine Reihe von Vorschlägen machen, um die Wirtschaft zu fördern, um Investitionen, Beschäftigung und Wettbewerb in Europa zu erhöhen und um den europäischen Binnenmarkt zu vervollständigen, der ja noch immer nicht richtig genutzt wird."

Einigkeit bei Transaktionssteuer

Milliardensummen für mehr Wachstum in der Eurozone - damit hat auch Angela Merkel kein Problem, vor allem, da diese Gelder teilweise bereits bewilligt und bereitgestellt sind. Einigkeit gab es auch beim Thema Finanztransaktionssteuer, so die Bundeskanzlerin: "Ich freue mich auch, dass alle vier heute sagen konnten: Wir unterstützen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Die Krise ist gekommen mit der internationalen Finanzkrise und die Finanzmärkte sind noch nicht ausreichend beteiligt."

Und das war’s dann schon mit der Einigkeit unter den großen vier: Merkel, Hollande, Rajoy und eben Monti. Der italienische Regierungschef hatte selbst für den letzten innereuropäischen Zwist gesorgt mit der Forderung, der Rettungsfonds EFSF solle Anleihen von den Krisenstaaten aufkaufen. In die gleiche Richtung geht IWF-Chefin Christine Lagarde. Sie fordert: Der Euro-Rettungsfonds soll gefährdeten Banken direkt helfen.

Merkel widerspricht Lagarde und Monti

"Das war nicht im Sinne des Erfinders", widerspricht Merkel. "Der EFSF und auch der ESM sind Mechanismen der Solidarität. Jedes Land trägt mit seinen Garantien dazu bei, dass wir einem Land, das eine Schwierigkeit hat, helfen. Ich habe aber gesagt, dass Haftung und Kontrolle zusammengehören. Wer ist für mich, für den Steuerzahler die Größe, die mir garantiert, dass das Ganze wieder in Ordnung kommt? Das ist für mich der spanische Staat."

Bleibt das Reizthema Eurobonds. Frankreichs Präsident Francois Hollande will da nicht locker lassen - trotz der deutschen Widerstände gegen eine Schuldenunion. "Eurobonds können eine Perspektive sein, nicht erst in zehn Jahren", sagte Hollande. "Das ist eine Maßnahme, die die Union und Integration fördert. Eurobonds sind ein nützliches Werkzeug für Europa. Und ich werde fortfahren, in diesem Sinne weiterzuarbeiten und diesen Mechanismus in eine Perspektive einzubinden."

Kanzlerin flog nach Danzig

Italiens Ministerpräsident Monti hatte dieses Gipfeltreffen auf dem römischen Monte Mario angeregt. Er wollte vor allem die deutsche Kanzlerin und den französischen Präsidenten wieder einander annähern. Dafür reichte heute die Zeit kaum aus. Merkel setzte Prioritäten und flog sofort nach dem Gipfel nach Danzig, zum EM-Viertelfinale Deutschland gegen Griechenland.