Aktionsplan gegen Abgas-Skandal VW ruft fünf Millionen Autos zurück

Stand: 30.09.2015 08:36 Uhr

Wie am besten aus dem Schlamassel rauskommen? VW arbeitet daran und will als eine erste Maßnahme nun fünf Millionen Autos für eine "Servicemaßnahme" in die Werkstätten rufen. Da auch die spanische Tochter Seat vom Skandal betroffen ist, muss VW Subventionen zurückzahlen. Führende Abgeordnete im US-Kongress forderten VW auf, Dokumente zur Entwicklung der Software herauszugeben.

Im Skandal um manipulierte Abgaswerte hat VW einen Aktionsplan zur Nachbesserung von Dieselwagen vorgestellt. Danach will der Konzern rund fünf Millionen Fahrzeuge bestimmter Baujahre und Modelle in die Werkstätten rufen, die mit Dieselmotoren des Typs EA 189 ausgestattet sind. Die Autos sollten eine Servicemaßnahme erhalten, teilten die Wolfsburger mit.

Betroffen seien beispielsweise der VW Golf der sechsten Generation, der Passat in siebter Generation und das erste Modell des kompakten Geländewagens Tiguan. Die betroffenen Kunden würden in den nächsten Wochen per Post darüber informiert, dass das Abgasverhalten ihres Wagens nachgebessert werden solle. VW betonte, alle Fahrzeuge seien technisch sicher und fahrbereit.

Volkswagen will nach eigenen Angaben der Forderung des Kraftfahrt-Bundesamts fristgerecht nachkommen und bis zum 7. Oktober einen konkreten Plan vorlegen, wann die betroffenen Fahrzeuge die Abgas-Vorgaben ohne Manipulationssoftware einhalten.

VW und die Töchter Audi, Skoda und Seat betroffen

Es wird davon ausgegangen, dass weltweit etwa elf Millionen Fahrzeuge mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet sind, die die Messwerte auf dem Prüfstand manipuliert, die Leistung der Motoren auf der Straße aber nicht drosselt.

Neben den genannten VW-Fahrzeugen sind auch Autos der VW-Töchter betroffen. Audi meldete 2,1 Millionen betroffene Fahrzeuge, Skoda 1,2 Millionen, die VW-Transportersparte 1,8 Millionen und die spanische Tochter Seat 700.000. Wie das spanische Industrieministerium mitteilte, erklärte sich VW inzwischen bereit, Subventionen zurückzuzahlen. Spanien hatte Verbraucher beim Kauf eines schadstoffarmen Autos mit 1000 Euro je Fahrzeug unterstützt.

Von VW aus Mexiko hieß es, dass 32.000 Fahrzeuge vom Skandal betroffen sein könnten. Dabei handele es sich um vierzylindrigen Dieselmodelle vom Typ Transporter, Amarok, Vento, Jetta, Bora, Audi Q3 und Audi A4, die zwischen 2009 und August 2015 verkauft wurden. Derzeit werde geprüft, ob die Abgaswerte der Autos tatsächlich manipuliert wurden. Sollte dies der Fall sein, werde Volkswagen die Kunden über Nachbesserungen informieren. Volkswagen betreibt im mexikanischen Puebla sein zweitgrößtes Werk weltweit. Mehr als 500.000 Fahrzeuge werden dort jährlich gefertigt.

US-Kongressabgeordnete verlangen Dokumente

In den USA, wo die Manipulationsvorwürfe öffentlich gemacht worden waren, erhoben führende Kongressabgeordnete Forderungen gegen VW. Republikaner und Demokraten im Energie- und Handelsausschuss verlangen von dem Konzern die schriftliche Herausgabe von Dokumenten, aus denen die Entwicklung der Software hervorgeht. Auch wollen sie sowohl von VW als von der Umweltbehörde EPA Informationen über die Untersuchung des Vorgangs.

EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska empfing derweil VW-Markenchef Herbert Diess in Brüssel. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte nach dem Treffen: "Beide Teilnehmer waren sich einig, dass es äußerst wichtig ist, das Vertrauen in die europäische Autoindustrie wieder herzustellen."

Auch die Bundesregierung verlangt von VW eine rasche Aufklärung. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte, dass die eingesetzte VW-Untersuchungskommission auch Gespräche mit der amerikanischen Umweltbehörde führe. Diese hatte die Manipulationen publik gemacht. Am Mittwoch tagt offenbar erneut das VW-Aufsichtsratspräsidium, das die Aufklärung der Affäre koordiniert.

Mehr Autonomie für einzelne Marken

Nach dem Willen des neuen Volkswagen-Chefs Matthias Müller sollen die einzelnen Marken des Konzerns mehr Verantwortung bekommen. Die Hauptmarke VW solle künftig genauso unabhängig vom Konzern agieren wie Audi und Porsche, sagte Müller bei einer internen Veranstaltung vor rund 1000 VW-Managern in Wolfsburg. "Für mich ist die neue Konzernstruktur der erste Schritt und die Basis für eine Modernisierung von Volkswagen." Das gelte besonders für das Stammwerk in Wolfsburg, fügte der frühere Porsche-Chef hinzu. Wolfsburg ist mit rund 50.000 Beschäftigten in Produktion und Verwaltung der größte Standort des Konzerns.

Der Aufsichtsrat hatte Müller am Freitag zum Nachfolger für den zurückgetretenen Konzernchef Martin Winterkorn ernannt. VW hatte vor gut einer Woche zugegeben, Abgaswerte von Diesel-Fahrzeugen in den USA mit einer Software manipuliert zu haben. Gegen Winterkorn ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Braunschweig wegen Betrugsverdachts.

Schwere Vorwürfe gibt es auch gegen den VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer. Nach Recherchen von NDR, WDR und "SZ" soll er derjenige gewesen sein, der 2011 von einem Techniker über manipulierte Abgas-Werte informiert wurde.

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