BMW im Werk

Verkaufszahlen vor Einbruch Elektroautomarkt vor schwierigen Zeiten 

Stand: 21.07.2023 12:25 Uhr

Auch wenn der Markt für E-Autos in Deutschland weiter wächst: Die Zahlen trügen. Wenn der Auftragsstau aus dem Vorjahr abgebaut ist, droht den Herstellern eine Flaute. Die Gründe sind vielfältig.

Von Gabriel Wirth, BR

In Dingolfing wird heute der Produktionsstart des neuen BMW i5 gefeiert, einer neuen elektrischen Limousine des Münchner Herstellers, die vom gleichen Band läuft wie die Verbrenner des Herstellers. Mit dem i5 hat BMW mittlerweile einige Elektroautos im Angebot: den x3, x1, i3, i7, i4 und ix - und nicht zu vergessen die elektrischen Minis.

Allerdings sind viele Kunden hierzulande nach wie vor zögerlich. Immer häufiger sind zwar Elektroautos auf den Straßen zu sehen; dieser Markt wächst schneller als der Gesamtmarkt. Doch trotz der aktuellen Zuwachszahlen: Das Ziel der Bundesregierung - bis 2030 15 Millionen Elektroautos - ist kaum zu erreichen, wenn sich nicht einiges ändert.  

BMW im Werk

Bei BMW in Dingolfing läuft ab sofort die neue E-Limousine i5 vom Band.

Schnelles Wachstum bei Elektroautos, aber...

Noch läuft es gut auf dem Markt für reine Elektroautos (sogenannte BEVs), wenn man sich die aktuellen Zahlen anschaut. Das Kraftfahrtbundesamt meldet hier eine Zunahme der Neuzulassungen von mehr als 30 Prozent auf 220.000 Pkw im ersten Halbjahr.

Damit liegt ihr Anteil bei den gesamten Neuzulassungen hierzulande bei immerhin knapp 16 Prozent. Der Markt für Elektroautos wächst deutlich schneller als der Gesamtmarkt. Mittlerweile liegen bei den Neuzulassungen die Fahrzeuge mit Elektromotoren gleichauf mit den Fahrzeugen mit Dieselmotoren. Allerdings täuscht der erste Eindruck. Die Luft scheint aus dem Markt langsam zu entweichen. Das hohe Plus bei den Neuzulassungen ist vor allem auf Altaufträge zurückzuführen, die nun abgearbeitet werden.  

Verunsicherung bei vielen Kunden

Neue Aufträge kommen offensichtlich nicht mehr so viele rein wie im vergangenen Jahr. Das Interesse an Elektroautos hat seit dem Ende der üppigen Subventionen zu Beginn des Jahres nachgelassen. So stellte der Vizepräsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) Thomas Peckruhn fest, dass branchenweit bei fast allen Herstellern die Auftragseingänge 30 bis 50 Prozent unter denen des Vorjahrs liegen.

Der ZDK macht dazu auch gerade eine Blitzumfrage, deren Ergebnisse aber noch nicht veröffentlicht wurden. VW hat dem "Handelsblatt" zufolge bereits die Produktion zurückgefahren. Das rückläufige Interesse war im ersten Halbjahr bereits bei den Plug-in-Hybriden zu sehen - das sind Autos, die sowohl einen Verbrenner- als auch einen Elektromotor haben. Mit nur noch etwas mehr als 79.000 Neuzulassungen ist der Markt hier förmlich eingebrochen gegenüber den drei Vorjahren. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum hat sich der Absatz mehr als halbiert. Trotz der derzeitigen Zuwächse bei den Elektroautos spielen Verbrenner nach wie vor die größte Rolle bei den Neuverkäufen.

Reichweiten für viele immer noch nicht ausreichend

Die Gründe dürften bekannt sein: Die Ladeinfrastruktur hinkt nach wie vor dem Absatz hinterher. Die Zahl der Ladesäulen sagt nichts darüber aus, wie viele funktionieren, wie viele nicht zugeparkt sind und welche Tankkarten man braucht.Auch die Bezahlvorgänge können sich als schwierig erweisen und der in Rechnung gestellte Strompreis zum Laden ist oft intransparent dargestellt. Wer keine Möglichkeit hat, sein Elektroauto zu Hause zu laden, wird sich den Kauf daher zweimal überlegen, zumal die Reichweiten der Modelle zwar jedes Jahr besser werden, aber eben vielen noch nicht ausreichen.

Dazu kommt, dass Elektroautos in der Anschaffung nach wie vor in aller Regel teurer sind als Verbrenner - vor allem die deutschen Modelle. Daran können auch die derzeitigen Preisnachlässe bei vielen Modellen, allen voran Tesla, wenig ändern - vor allem jetzt, da die Förderungen zurückgegangen sind. Andreas Radics, Autoexperte der Beratungsfirma Berylls, ist sich sicher, dass so die Ziele der Bundesregierung nicht zu erreichen sind.

Das Hin und Her bei den Förderungen sei wahrscheinlich ausschlaggebend dafür, dass man kein stringentes Wachstum bei den Elektrofahrzeugen habe, sagt Radics. Er verweist zudem darauf, dass ab dem 1. September keine rein elektrischen Fahrzeuge mehr gefördert werden, die gewerblich zugelassen wurden. Das bedeute einen weiteren signifikanten Rückgang bei den Flotten und gewerblich genutzten Fahrzeugen.

Druck auf deutsche Hersteller aus China

Maßgeblich bei E-Autos ist aber China. Das ist auch nicht groß verwunderlich, schließlich hat das Land den weltweit größten Automarkt. Zudem wird die Antriebsform stark von der chinesischen Regierung gefördert. Gegenüber den zahlreichen neuen chinesischen Konkurrenten, allen voran BYD, und dem Pionier bei den Elektroautos Tesla, verlieren die deutschen Autohersteller zunehmend an Boden. So könnte Tesla beim Absatz bereits in diesem Jahr Audi erreichen - und das allein mit dem Verkauf reiner Elektroautos, während die Ingolstädter nach wie vor hauptsächlich Verbrenner im Programm haben.

Darüber hinaus machen chinesische Hersteller den deutschen Autobauern nicht nur in China Konkurrenz, sondern streben auch zunehmend nach Europa, wie zum Beispiel MG, Nio und XPeng. Auf der diesjährigen Internationalen Automobilausstellung IAA in München kommen mittlerweile 40 Prozent der Aussteller aus China, wie die Messe München jüngst mitteilte.

Umso wichtiger ist, dass BMW hier mit einem weiteren Modell auf den Markt kommt. Allerdings sehen die Münchner die bisherigen Angebote vor allem als Ergänzung zu ihren Verbrennern. Den ganz großen Wurf plant BMW dann 2025 mit der sogenannten "Neuen Klasse".

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