Drohungen aus dem hohen Norden Skandinavier verschärfen Ton in der Euro-Krise

Stand: 09.07.2012 01:41 Uhr

Staatspleite oder ein Ende des Euro - bislang haben Europas Politiker diese Wörter öffentlich gemieden. Jetzt ändert sich der Tonfall. Schwedens Finanzminister bereitet sein Land auf ein mögliches Ende des Euro vor. Und Finnland macht klar, dass es die Schulden der anderen nicht mehr zahlen will.

Von Tim Krohn, ARD-Hörfunkstudio Stockholm

Staatsbankrott - um dieses eine Wort machen Europas Finanzminister immer noch gerne einen weiten Bogen, zumindest wenn die Mikrofone angeschaltet sind. Schwedens Finanzminister Anders Borg will jetzt Klartext sprechen.

"Natürlich können die Griechen auch Glück haben. Sie können das Tor noch treffen, und alles wird gut. Aber so, wie sie die Lage bisher gehandhabt haben und mit den Schulden kann ich nicht ausschließen, dass das Land am Ende Bankrott geht." Und dann, sagt Borg, wäre Griechenland auch gezwungen, die Euro-Zone zu verlassen.

Finanzminister bereitet Schweden auf Ende des Euro vor

Der charismatische Minister mit der Pferdeschwanzfrisur bereitet die Schweden bereits auf ein mögliches Ende der europäischen Währung vor. Europa, sagt er, werde für die Skandinavier weniger wichtig. Schweden müsse sich neu orientieren und seine Abhängigkeit von der Euro-Zone verringern.

Schwedens Wirtschaft ist von Exporten abhängig und damit - trotz der eigenen Währung - auch vom Euro. Das macht die Mitte-Rechts-Regierung in Stockholm nervös. Was aber, wenn man selbst ein Teil der Euro-Zone ist? Die Äußerungen sind zwar nicht untereinander abgestimmt, aber es fällt auf, dass die Drohungen aus anderen nordeuropäischen Ländern und dem Baltikum lauter werden.

Die Finnen zum Beispiel zahlen schon seit zwölf Jahren mit dem gemeinsamen Geld und haben in der Vergangenheit auch ordentlich davon profitiert. Finnland galt lange Zeit sogar als Musterknabe der EU. Jetzt aber will die Mehrheit der Bürger den Euro nicht mehr - und Finanzministerin Jutta Urpilainen schaltet auf stur: "Finnland leiht anderen Ländern kein Geld mehr, um deren Banken zu unterstützen", sagt sie. Man müsse auch bereit sein, die Banken Pleite gehen zu lassen, wie es die Finnen selbst in den 1990er-Jahren erlebt hätten.

Finnland will die Schulden der anderen nicht zahlen

Den Kauf von Staatsanleihen durch den Europäischen Rettungsfonds lehnt die finnische Regierung ab. Den Rettungsschirm blockieren will man am Ende zwar nicht, die Regierung droht aber mit weiteren Konsequenzen. Bevor man weiter die Schulden der anderen zahlt, sagt Urpilainen, könne man die Euro-Zone auch verlassen. Von den Spaniern fordert die Ministerin jetzt eine Art Pfand, um zumindest den Eindruck zu erwecken, Finnland werde in Brüssel nicht weiter über den Tisch gezogen.

Also eine Extrawurst für die europamüden Finnen? "Das glaube ich nicht", sagt Urpilainen. Finnland habe aus seiner Europapolitik nie einen Hehl gemacht. "Unsere Ansichten sind bekannt und werden von den anderen Ländern der Europäischen Union verstanden."

Scheitern würde Rechtspopulisten in die Hände spielen

Verständnis haben die in Brüssel schon. Denn würde die Regierung in Helsinki endgültig scheitern, hätte man es bald wohl mit Timo Soini zu tun, dem Chef der rechtspopulistischen "Wahren Finnen". Und wo der sein Land in Zukunft sieht, ist klar. "Finnland kann auf das Zahlen verzichten, denn es geht hier um Aktionen, die beim EU-Beitritt nicht vorgesehen waren", sagt Soini. "Wir sollten ein Mandat vom Volk erhalten und ein Referendum machen, damit sich das Hörvermögen in Brüssel wieder erholt!"