Regierung in Warschau will Euro Ohne Krise wäre Polen längst dabei

Stand: 10.08.2012 05:51 Uhr

Trotz der Schuldenkrise in der Eurozone hält Polen an seinem Ziel fest: Das Land will in den nächsten Jahren die Gemeinschaftswährung einführen. Nicht nur wirtschaftliche Gründe sprechen dafür. Für Polens Regierung ist klar: Nur wer zur Eurozone gehört, kann den Weg der EU mitbestimmen.

Von Henryk Jarczyk, ARD-Hörfunkstudio Warschau

Gäbe es keine Krise, dann wäre Polen längst dabei. Denn die Regierung von Donald Tusk ist sich durchaus dessen bewusst, dass es für die Wirtschaft des Landes langfristig von Vorteil ist, der Eurozone anzugehören. Die wichtigsten Gründe: kein Währungs- und Wechselkursrisiko mehr, einfachere Investitionsplanungen sowie Kosteneinsparungen, die vor allem in der Erleichterung der Zahlungsvorgänge gesehen werden.

Zloty-Banknote mit Euro-Münze

Polen will den Zloty durch den Euro ersetzen - trotz der Schuldenkrise in der Eurozone.

Gleichzeitig macht Premier Tusk aber auch deutlich, dass der Zusammenbruch der Eurozone auch für Polen katastrophale Folgen hätte. "Unsere Anbindung an die Eurozone, unsere Zusammenarbeit mit den Wirtschaften der betroffenen Länder ist so selbstverständlich, dass wir eine noch schlimmere Krise als heute kaum überleben würden", warnt er. "Deshalb haben wir uns auch bei der Hilfe der Eurozone engagiert und darauf geachtet, dass die disziplinierenden Verpflichtungen für die Eurozone wirklich gelten." Seine Regierung habe dabei im Blick, dass Polen finanziell nicht unter den Schulden anderer zusammenbreche. "Wir haben kein Geld, um damit um uns zu werfen", betont Tusk.

Polen drängt in den inneren Kreis der EU-Staaten

Polen möchte auch aus psychologischen Gründen zum "Inner-Circle", dem inneren Kreis der EU gehören. Denn sollte es langfristig zu einer Teilung der Europäischen Union kommen in Staaten der Eurozone und jene, die leider draußen bleiben müssen, dann will Premier Tusk sein Land auf alle Fälle im Kreis der tonangebenden Mitglieder wissen.

Das sei gut so, meint Jacek Kucharczyk vom Warschauer Forschungsinstitut für öffentliche Angelegenheiten. "Eine Gefahr für uns war die Lösung 17 plus 10", sagt er mit Blick auf die Verhandlungen beim EU-Gipfel, "also neue gemeinsame Institutionen nur für Länder, die die gemeinsame Währung haben, unter gleichzeitigem Ausschluss aller anderer Staaten, darunter Polens." Dazu sei es beim Gipfel aber nicht gekommen. Es gebe lediglich ein Veto Großbritanniens, eine Abneigung des ungarischen Premiers Orban und zwei schwankende Länder.

Opposition gegen Euro-Einführung

Oppositionspolitiker aus den Reihen der Partei Recht und Gerechtigkeit von Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski sind da natürlich ganz anderer Meinung. Polen - so ihre Überzeugung - gehöre nicht in die Eurozone, wenn es seine Souveränität nicht opfern wolle. Abgesehen davon, meint Witold Waszczykowski, sollte sich Premier Tusk nicht so aufspielen. Schließlich habe Polen weder jetzt noch in Zukunft irgendwelche Instrumente, um die Eurozone zu retten. "Wir haben keine Kräfte, keine Mittel, nicht die  entsprechenden Finanzen", sagt er. "Das ist Vortäuschung falscher Tatsachen, wenn behauptet wird, dass Polen die Möglichkeit hätte, sich zu äußern, Stellung zu nehmen und irgendwie zu helfen." Das sei nur eine Show für daheim.

Euro-Einführung bis 2015 angepeilt

Diese Argumente der Opposition beeindrucken Premier Tusk kaum. Für die polnische Regierung - so seine Überzeugung - stelle sich nicht die Frage ob, sondern wann sein Land den Euro einführen werde. Die Antwort des Premiers und seiner Finanzexperten lautet: sobald sich die Lage stabilisiert hat, sowohl in der Eurozone als auch innerhalb der polnischen Wirtschaft. Der Eurozone beizutreten, konstatiert der polnische Finanzminister Jacek Rostowski, sei eine Sache. Aber um wirklich dabei zu sein, müsse man in der Eurozone auch überleben können. 2015 könnte Polen laut Einschätzung der Regierung so weit sein. Bis dahin lautet das polnische Credo: Participate, not vote. Also an allen Sitzungen der Eurozone teilnehmen, ohne aber ein Stimmrecht zu haben.