Containerschiffe liegen im Waltershofer Hafen am Container Terminal Burchardkai in Hamburg

"Stimmung im Sinkflug" ifo-Geschäftsklima trübt sich weiter ein

Stand: 26.08.2024 11:12 Uhr

Die deutsche Wirtschaft ist wieder so schlecht gestimmt wie zuletzt im Februar. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist zum dritten Mal in Folge gefallen. Am ehesten setzen Experten noch Hoffnung in den Konsum.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich auch im August weiter verschlechtert. Der ifo-Geschäftsklimaindex sank auf 86,6 Punkte nach 87,0 Punkten im Juli, teilte das Münchner ifo-Institut mit. Das war bereits der dritte Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers in Folge und der tiefste Stand seit Februar.

Die befragten rund 9.000 Führungskräfte beurteilten ihre aktuelle Geschäftslage schlechter und auch die Aussichten für die kommenden Monate pessimistischer als zuletzt. "Die Stimmung der Unternehmen ist im Sinkflug", kommentierte ifo-Präsident Clemens Fuest die Daten. Die Unternehmen hätten erneut über rückläufige Auftragsbestände geklagt. Insbesondere die Investitionsgüterhersteller seien in einer schwierigen Lage. "Die deutsche Wirtschaft gerät zunehmend in die Krise", sagte Fuest.

Während der Teilindex zur Beurteilung der aktuellen Geschäftslage von 87,1 auf 86,5 Punkte zurückfiel, gingen die Geschäftserwartungen von 87,0 auf 86,8 Punkte zurück.

"Kaum Lichtblicke"

Den erneuten Rückgang führte ifo-Ökonom Klaus Wohlrabe zum einen auf die Konsumzurückhaltung der Verbraucher zurück. "Der Konsum kommt nicht in die Gänge", sagte der Leiter der ifo-Umfragen. "Die Verbraucher trauen dem Rückgang der Inflation noch nicht so richtig."

Auch die Unternehmen hielten sich mit Ausgaben zurück. "Wir sehen eine Investitionsschwäche", sagte der Experte. "Die ist getrieben durch wirtschaftspolitische Unsicherheit." Viele Unternehmen klagten zudem noch immer über einen Auftragsmangel, und zwar quer durch alle Branchen. Da auch die Exporterwartungen im August gesunken seien, dürfte die Auslandsnachfrage vorerst nicht zum Rettungsanker werden - trotz der robusten Weltkonjunktur. "Es gibt kaum Lichtblicke", fasste Wohlrabe zusammen.

Verhindert der Konsum die Rezession?

Zuletzt hatte bereits der Einkaufsmanagerindex für die hiesige Privatwirtschaft enttäuscht: Das Barometer rutschte im August noch tiefer unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten, wie S&P Global jüngst mitteilte. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist nach einem Anstieg von 0,2 Prozent zu Jahresbeginn von April bis Juni um 0,1 Prozent zum Vorquartal geschrumpft. Die Bundesbank erwartet allerdings bisher keine Rezession, sondern im laufenden Sommerquartal ein leichtes Plus beim Bruttoinlandsprodukt.

"Das Geschäftsklima ist und bleibt viel trüber als in früheren Phasen, in denen das BIP stagnierte", kommentierte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. "Meines Erachtens ist das zurzeit außergewöhnlich tiefe Klimaniveau vor allem eine Folge der großen Verunsicherung in den Unternehmen, die mit einer Vielzahl transformativer Herausforderungen und hartnäckiger globaler Krisen konfrontiert sind. Rein konjunkturell ist mit der wieder steigenden Kaufkraft zumindest eine moderate, zunächst vor allem vom Konsum gestützte Erholung angelegt."

"Auftragslage mau, Nachfrage gering"

Auch Michael Herzum von Union Investment setzt seine Hoffnung angesichts sinkender Inflation und Zinsen vor allem auf den Konsum: "Die Auftragslage ist mau, die Nachfrage gering. Das nährt die Skepsis mit Blick auf die kommenden Monate [...] Aber: Die Realeinkommen entwickeln sich gut. Auch die Finanzierungsbedingungen, die den Rahmen für Investitionen von Unternehmen und privaten Haushalten abstecken, sind bereits weniger straff als noch vor einigen Monaten. Es besteht also Hoffnung, dass die hiesige Wirtschaft den Weg aus der Wachstumsklemme finden kann."

"Immerhin war der Rückgang geringer als im Vormonat, vor allem bei der Erwartungskomponente", sagte Volkswirt Elmar Völker von der LBBW. "Es gibt dennoch gerade nicht allzu viele Gründe für Zuversicht: Die Weltwirtschaft läuft holprig, von der Geopolitik drohen weiterhin Risiken und der Ausgang der US-Präsidentschaftswahl lauert als zusätzlicher Unsicherheitsfaktor. Last but not least sorgt die Performance der Bundesregierung eher für Ratlosigkeit als für Aufbruchstimmung. Hoffnung auf Besserung gibt es wohl frühestens gegen Jahresende, wenn man wenigstens in den USA genauer abschätzen kann, wo die Reise hingeht."