Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, und Donald Trump, Präsident der USA

Handelsstreit zwischen USA und EU Durchbruch oder falsche Hoffnung?

Stand: 26.07.2018 09:14 Uhr

"Geschafft", verkündeten US-Präsident Trump und EU-Kommissionschef Juncker: Im Handelsstreit sei ein Kompromiss in Aussicht. Doch einige wollen an den großen Durchbruch nicht recht glauben.

Sie haben scheinbar das geschafft, was weder EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker noch US-Präsident Donald Trump vor ihrem Treffen in Washington für möglich gehalten hätten: die Annäherung im zuletzt so festgefahrenen Handelsstreit.

"Wir haben einen Deal geschlossen", verkündete Juncker nach den gemeinsamen Gesprächen. Der muss zwar noch im Detail ausgearbeitet und schriftlich festgehalten werden, doch die ersten Kernpunkte gaben Juncker und Trump bereits bekannt.

Die Kernpunkte des Deals

Juncker sagte demnach zu, dass die EU künftig mehr aus den USA importieren werde - zum einen Sojabohnen und zum anderen Flüssiggas. Damit würden die Märkte der EU für die Landwirte der USA geöffnet, was zum wachsenden Wohlstand in den USA und der EU führen werde, lobte Trump. "Das ist eine große Sache." Die USA brauchen neue Abnehmer für Produkte wie Sojabohnen, denn durch den Handelskonflikt mit China ist der Hauptimporteur für den amerikanischen Markt weggefallen.

Auch im Hinblick auf das Thema Zölle kamen sich Trump und Juncker in überraschend großen Schritte entgegen: Einfuhrabgaben auf Industriegüter sollen abgeschafft werden. Zudem sollen bereits geltende Zölle erneut überprüft werden. Trump sicherte dies für die Sonderabgaben auf Stahl- und Aluminium zu, die EU für die von ihr Gegenzölle.

Solange die Verhandlungen zwischen den USA und der EU laufen, versprachen beide Seiten von weiteren Zöllen abzusehen. Vor allem für Juncker ist das eine wichtige Zusage, denn damit sind die von Trump angedrohten Abgaben für die Autoindustrie der EU zumindest vorerst vom Tisch.

Auch in anderen Marktbereichen sollen Handelsbarrieren abgebaut werden: so etwa bei chemischen, pharmazeutischen und medizinischen Produkten.

Abseits des Hauptstreitpunktes der gegenseitigen Zölle einigten sich Trump und Juncker außerdem, eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) anzustreben, bürokratische Hürden im gegenseitigen Handel abzubauen und einheitliche Standards zu vereinbaren.

Auf einmal ist alles heiter Sonnenschein

Mit der plötzlichen Kompromissbereitschaft änderte sich auch der Ton im Weißen Haus. Vor dem Treffen mit dem Kommissionspräsident hatte Trump die EU noch als "Gegner" dargestellt, der den USA mit seinen unfairen Handelspraktiken schade. Und Juncker war mit geringen beziehungsweise gar keinen Erwartungen nach Washington gereist, überhaupt eine Annäherung erzielen zu können.

Ganz anders klang das nach dem Treffen: Die EU und die USA "lieben einander offensichtlich", twitterte Trump und stellte ein Foto dazu, das ihn und Juncker Arm in Arm bei der Begrüßung zeigt. "Da war großartige Wärme und Gefühl im Raum", beschrieb der Präsident die Atmosphäre während der Beratungen und fügte später auf der Pressekonferenz optimistisch hinzu, es sei "eine neue Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union" eingeleitet worden - eine Phase "enger Freundschaft und starker Handelsbeziehungen".

Juncker gab sich zwar pragmatischer, aber zufrieden: "Ich hatte die Absicht, eine Übereinkunft zu erzielen, und wir haben eine Übereinkunft erzielt."

Viel Applaus, aber auch Skepsis

Aus der EU und aus Deutschland kam viel Lob für den in Aussicht gestellten Kompromiss. Bundesaußenminister Heiko Maas wertete das Ergebnis in Washington als Beweis für die Stärke der EU. "Gestern hat Europa bewiesen, dass es sich nicht spalten lässt. Und wir haben gesehen: Wenn Europa geeint auftritt, hat unser Wort Gewicht", sagte der SPD-Politiker - und konnte sich trotz der Zustimmung zum Deal eine kleine Spitze in Richtung Trump nicht verkneifen. Juncker habe in Washington bewiesen, "dass es eben am Ende nicht darum geht, wer die größten Buchstaben bei Twitter benutzt, sondern darum, ob man reale Lösungen anzubieten hat oder nur starke Sprüche".

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zeigte sich von der Einigung begeistert. "Zölle runter, nicht rauf! Freier Handel & Mio Jobs gesichert!", schrieb er auf Twitter. Juncker und Handelskommissarin Cecila Malmström hätten "großartig" verhandelt.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, sagte: "Ich freue mich, zu erfahren, dass sich die USA und die Europäische Union heute darauf verständigt haben, zusammenzuarbeiten, um Handelshürden zu senken und gemeinsam mit anderen Partnern die WTO zu stärken."

"Nur ein Aufschub"

Ganz anders bewertete der EU-Handelspolitiker Bernd Lange die Gespräche zwischen Trump und Juncker. Das einzig Positive sei, dass weiter geredet werde, sagte er im Deutschlandfunk. Zwar hätte die EU "einen kleinen Aufschub bei den Abschottungszöllen für Autos" erreicht, Substanzielles sei aber nicht vereinbart worden.

Und auch Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), gab sich zurückhaltend. "Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt." Von Verhandlungen auf Augenhöhe sei man noch entfernt. Zölle auf Autos seien noch nicht endgültig vom Tisch.

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