Italien unter Druck Ein Tandem-Lächeln für die Erniedrigten

Stand: 24.10.2011 17:38 Uhr

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy haben Italien zum Sparen gedrängt. Bis Mittwoch soll Ministerpräsident Berlusconi Pläne vorlegen, wie er die Schulden des Landes in den Griff bekommen will. Italien fühlt sich erniedrigt und belächelt.

Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom

Bilder sagen oft mehr als Worte. Und so ist das maliziöse Lächeln von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel Antwort genug auf die Frage, ob sie denn noch Vertrauen in das Krisenmanagement Berlusconis haben.

Italiener empört über Lächeln

Die Italiener sind ein stolzes Volk, deshalb mögen sie es nicht, wenn man sie auslacht. Auch Oppositionspolitiker empören sich heute über das Lächeln des deutsch-französischen Tandems. Mehr noch aber schmerzt die Tatsache, dass Italien von der EU mittlerweile wie Griechenland behandelt wird. "Diese Erniedrigung, mit Griechenland gleich gesetzt zu werden, ist der Beweis, dass Italien abgestiegen ist", sagt Enrico Letta von der Demokratischen Partei. "Wir müssen daran arbeiten, wieder in die erste Liga aufzusteigen. Doch dazu brauchen wir eine ernsthafte Politik und eine Regierung der nationalen Verantwortung, und zwar sofort."

Für den Auftrag der Europäischen Union an Silvio Berlusconi, bis zum nächsten Gipfel am Mittwoch konkrete Vorschläge zu machen, finden die Zeitungen in Italien nur ein Wort: Ultimatum. Der italienische Ministerpräsident muss seinen europäischen Partnern deutlich machen, wie Italien seinen Schuldenberg abbauen und die Wirtschaft des Landes ankurbeln will.

Berlusconi beruft Kabinettssitzung ein

Für Berlusconi war der Druck der Europäischen Union erst einmal ein willkommener Anlass, heute einen unangenehmen Prozesstermin in Mailand abzusagen. "Ich will eine Kabinettssitzung einberufen", sagte er, "und diese Situation nutzen, um auszuloten, ob wir Maßnahmen auf den Weg bringen können, die ich schon immer wollte, die ich aber nicht realisieren konnte, wegen Streitigkeiten in der Koalition".

Berlusconi will das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre anheben. Daran könnte die Regierung scheitern, denn sein Koalitionspartner Lega Nord ist strikt dagegen, die Opposition teilweise dafür. "Das Renteneintrittsalter muss erhöht werden", sagt Rocco Buttiglione von der Zentrumspartei. "Der deutsche Steuerzahler, der bis 67 arbeiten muss, hat keine Lust, für italienischen Staatsanleihen zu zahlen, wohl wissend, dass man in Italien früher in Rente geht."

Sehr viel mehr als die Rente mit 67 hat Berlusconi bis heute nicht vorzuweisen. Doch das Hauptproblem Italiens ist und bleibt das schwache Wirtschaftswachstum. 0,3 Prozent im zweiten Quartal. Bis jetzt sei es Berlusconis Regierung nicht gelungen, einen Wachstumsplan vorzulegen, klagt die Präsidentin des Unternehmerverbandes, Emma Marcegaglia. "Seit langer Zeit schon fordern wir, dass dieser Plan so schnell wie möglich verabschiedet wird, dass er strukturelle Reformen enthält und nicht nur Kleinigkeiten. Bisher ist das sehr enttäuschend", sagt sie.

Streit um EZB-Direktoriumsmitglied

Bis Mittwoch sollte Berlusconi noch eine weitere Frage lösen. Es geht um die  Postenverteilung bei der Europäischen Zentralbank. Der Franzose Jean-Claude Trichet geht, der Italiener Mario Draghi kommt. Dafür erwartet Frankreich im Gegenzug, dass Italien sein bisheriges Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi aus dem Gremium zurückzieht.

Frankreichs Präsident Sarkozy soll deshalb Berlusconi in Brüssel massiv unter Druck gesetzt haben. "Es gab tatsächlich eine Auseinandersetzung in der Angelegenheit 'Bini Smaghi'", bestätigte Berlusconi. "Ich trage dafür keine Verantwortung. An einem gewissen Punkt habe ich Sarkozy gesagt: 'Was soll ich machen, ihn erschießen?' Ich glaube nicht, oder?"

Die Zeiten, in denen Silvio Berlusconi die europäischen Partner mit solchen Sprüchen erheiterte, sind wohl definitiv vorbei. Das Maximum der Gefühle: ein mitleidiges Lächeln von Nicolas Sarkozy und Angela Merkel.