Matteo Salvini, Innenminister von Italien, spricht zu Journalisten.

Italiens Finanzlage Ratschläge aus Brüssel verhallen

Stand: 07.09.2018 04:44 Uhr

Italien sitzt auf einem riesigen Schuldenberg. Trotzdem will die Regierung in Rom ihre Wahlversprechen einlösen - und die kosten. Ratschläge aus Brüssel sind da unerwünscht.

Auf die EU, ihre Kommissions-Vizepräsidenten und Kommissare pfeifft der starke Mann Italiens: Matteo Salvini hat für die Empfehlung von EU-Vizepräsident Valdis Dombrovskis nur demonstratives Desinteresse über. Die Empfehlung nämlich, die Staatsschulden abzubauen. Salvinis Antwort: Italiens Regierung werde in jedem Punkt genau das Gegenteil von dem tun, was die EU-Kommission empfehle.

Bereits jetzt belaufen sich Italiens Schulden auf rund 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Allein im ersten Quartal 2018 türmten sie sich auf die Rekordsumme von über 2,3 Billionen Euro. Ein Schuldenberg, sieben Mal so hoch wie der Griechenlands. Und selbst die Rekordschulden der Trump-Administration übertrifft Italien um 20 Prozent, legt man das jeweilige Bruttosozialprodukt zugrunde.

Rom will Wahlversprechen einlösen

Dennoch will die Regierung in Rom bereits im kommenden Jahr ihr Wahlversprechen eines sogenannten Bürgereinkommens umsetzen - das im Klartext mit drastischen Steuersenkungen und einer früheren Rente für die unteren Einkommensgruppen verbunden ist. Allen Stabilitätsverpflichtungen und der EU-Verträge zum Trotz.

Er reagiere bewusst sehr phlegmatisch auf die Ankündigungen und Provokationen der italienischen Regierung, betont EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici in Brüssel, um die Regierung in Rom nicht zusätzlich zu provozieren. Doch weder die pädagogisch motivierte Zurückhaltung des Juncker-Teams beeindruckt die Regierenden in Rom, noch die Tatsache, dass die Ratingagentur Fitch Italien bereits von "Stabil" auf "Negativ" herabgestuft hat.

In den vergangenen sechs Monaten hat sich der Zinssatz der italienischen Zehn-Jahres-Staatsanleihe fast verdoppelt, weil die Papiere immer riskanter werden. Einziger Trost: Italiens Außenhandel weist einen Überschuss aus. Das Land ist immer noch ein Nettozahler der EU. Und das Privatvermögen der Italiener ist deutlich größer als das der Deutschen.

EZB springt im Notfall ein

Im äußersten Fall werde der Italiener Mario Draghi an der Spitze der Europäischen Zentralbank das Land schon retten, trösten sich viele Italiener. Doch was, wenn sich herausstellt, dass die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt zwar zu groß ist, um scheitern zu dürfen; aber auch deutlich zu groß, um von der Europäischen Zentralbank und dem Eurorettungsschirm ESM aufgefangen zu werden?

Es gebe nur einen Weg: Strukturreformen und Schuldenminimierung, betont EU-Finanzkommissar Moscovici - wissend, dass seine Appelle ungehört verhallen. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und zahlreiche faule Bankenkredite machen das Land zu einem Risiko für die Eurozone.

Wenn es hart auf hart kommt, müsse Deutschland zahlen, fürchten Europaparlamentarier wie der SPD-Angeordnete Jens Geier. Der die Schuldenmacher in der italienischen Regierung mit einem Bankräuber vergleicht, der sich die Pistole an die eigene Schläfe hält und droht 'Geld her oder ich schieße'.

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