Einigung im Schuldenstreit mit Griechenland Dramatischer ging es kaum

Stand: 13.07.2015 12:12 Uhr

Die Einigung im Schuldenstreit sorgt für Erleichterung, Griechenland bleibt damit in der Eurozone. Der Preis dafür ist vor allem für die Tsipras-Regierung hoch: Denn die unterwirft sich nun Auflagen, die das Land per Referendum gerade noch abgelehnt hatte.

Selten zuvor stand bei einem Gipfeltreffen so viel auf dem Spiel: das Schicksal Griechenlands, das Schicksal einer Währung, das Schicksal Europas. Und selten zuvor dauerte es so lange. Erst nach 17 Stunden mühsamer Verhandlungen konnte Gipfel-Gastgeber Donald Tusk verkünden: "Die Staatenlenker haben prinzipiell entschieden, dass sie bereit sind zu Verhandlungen über ein Hilfsprogramm aus dem Euro-Rettungsschirm. Das heißt in anderen Worten: weitere Unterstützung für Griechenland."  

Bevor es aber so weit ist, müssen zunächst noch eine ganze Reihe von Bedingungen erfüllt und eine To-do-Liste abgearbeitet werden. Griechenland muss damit beginnen - als vertrauensbildende Maßnahme sozusagen - bereits bis übermorgen wichtige Reformen durchs Parlament zu bringen.

"Vorrangige Maßnahmen" für mehr Vertrauen

"Wir haben gerade mit Blick auf das notwendige Vertrauen festgelegt, dass bis zum 15. Juli sogenannte 'prior actions' durchgeführt werden müssen", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Dabei gehe es um die Veränderung des Mehrwertsteuersystems und um eine Änderung des Rentensystems.

Das aber ist beileibe nicht die einzige Bedingung: Insgesamt unterwirft sich Griechenland nun Auflagen, die weit über das hinausgehen, was das Land in einem Referendum vor gut einer Woche als unzumutbar abgelehnt hatte. Unter anderem muss es die ungeliebte "Ex-Troika" wieder ins Land lassen. Jene Prüfer also, die alle Sparanstrengungen überwachen sollen. Im Gegenzug für das, was Kritiker eine Demütigung nennen, dürften die Griechen finanzielle Sicherheit bekommen - für drei Jahre.

"Die EU-Kommission hat immer darauf bestanden, dass wir einen 'Grexit' in jeglicher Form ablehnen. Den 'Grexit' wird es nicht geben", sagt ein zufriedener EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Auch wenn Europas Staatenlenker den Ausstieg Griechenlands und das Zerbrechen der Eurozone vorerst verhindert haben. Es bleibt die Frage, ob im zähen Ringen um eine Lösung nicht doch etwas in Europa zerbrochen ist: Die in letzter Zeit so viel gepriesene deutsch-französische Achse etwa war durch ein Papier aus Berlin stark strapaziert worden. In dem brachte Finanzminister Wolfgang Schäuble einen 'Grexit auf Zeit' ins Gespräch - eine fünfjährige Abstinenz Griechenlands vom Euro.

"Vorschläge wie ein befristetes Ausschließen aus einer Währung lehne ich als entwürdigend ab", sagte Österreichs Regierungschef Werner Faymann. Und auch Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande lehnte den deutschen Vorstoß ab. Doch nach der Einigung gab sich Hollande versöhnlich: "Die Glaubwürdigkeit Europas wäre beschädigt worden, wenn es heute keine Einigung gegeben hätte."

Vorwürfe gegen die deutsche Regierung

Was bleibt, sind viele Fragezeichen: Wie geht Griechenland mit dem um, was Europa ihm auferlegt? Wie geht Europa künftig mit sich selbst um und den Rissen, die das Griechenland-Drama zutage gefördert hat? Und nicht zuletzt: Wie geht Deutschland mit dem Vorwurf um, es habe - um Griechenland zu züchtigen - zeitweise billigend einen Zerfall Europas in Kauf genommen?