Fragen und Antworten zum WEF in Davos Mächtigen-Treff in den Schweizer Bergen

Stand: 22.01.2014 11:20 Uhr

Idyllisch und verschneit - so präsentiert sich Davos auch dieses Jahr wieder. Tausende der Mächtigsten sind für fünf Tage voller Gespräche und Deals angereist. Dabei hat das WEF seit 1971 ein simples, aber hehres Ziel: den "Zustand der Welt zu verbessern".

Von Von Uwe Möller, WDR-Wirtschaftsredaktion

Was passiert bis Sonntag in Davos?

2500 Manager, Politiker und Wissenschaftler kommen zusammen. Unter einem wie immer sehr allgemeinen Motto (2014: "Neugestaltung der Welt - Konsequenzen für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft") finden Hunderte Diskussions- und Vortragsveranstaltungen zu allen wichtigen Themen statt. Auch alternative und kritische Organisationen wie Greenpeace und "Erklärung von Bern" sind dabei - spielen aber nur eine Nebenrolle.

Warum kommt die Bundeskanzlerin dieses Mal nicht?

Offiziell, weil sie sich nach ihrem Skiunfall noch schonen muss. Aber auch Vizekanzler Sigmar Gabriel kommt wohl nicht, obwohl er fit ist. Manche vermuten, dass Angela Merkel, die fast immer dabei war und mehrfach auch schon die Eröffnungsrede hielt, das Weltwirtschaftsforum im Moment nicht wichtig genug findet. Immerhin schickt sie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Aus anderen Ländern sind aber die Regierungschefs dabei, etwa aus Italien und Großbritannien. Insgesamt wollen 40 Staats- und Regierungschefs anreisen, manche nur für einen Tag oder wenige Stunden.

Genügt das Treffen seinen hehren Ansprüchen?

Der Anspruch ist riesig. Man will - so wörtlich - den "Zustand der Welt verbessern". Und das Weltwirtschaftsforum hat den Anspruch, Krisen zu erkennen und zu ihrer Überwindung beizutragen. Das ist aber noch nie gelungen. Beispiel Finanzkrise: Im Januar 2008, als es bereits erste Anzeichen einer weltweiten Krise gab, wurde sie von fast allen in Davos schöngeredet. Die Beratungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers etwa erklärte damals gegenüber dem WDR, es werde keine Rezession geben, höchstens eine kleine Wachstumsdelle.

Nur zwei Stimmen gab es damals, die warnten: erstens der Unternehmensberater Roland Berger. Er kündigte vor einem ARD-Team sogar an, alle seine Aktien verkaufen zu wollen. Wie wir heute wissen: genau der richtige Zeitpunkt. Und zweitens die alternative Entwicklungsorganisation "Erklärung von Bern". Deren finanzpolitischer Experte warnte 2008 vor Bankenexzessen und einem Kollaps des Finanzsystems. Doch er wurde im rauschenden Partygetümmel von Davos überhört.

Auch nach der Finanzkrise fand in Davos keine kritische Aufarbeitung statt. 2009 blieben viele der Verantwortlichen für die Finanzkrise erstmal einfach weg. Und andere verloren ihren Job und kamen nie wieder. Über Boni, Gier und gefährliche Finanzprodukte wurde so gut wie nicht gesprochen.

Und 2014? Erst vor einer Woche veröffentlichte das Weltwirtschaftsforum den so genannten Weltrisikobericht. Die größten Gefahren für die Welt sind nach dieser Befragung von 700 Managern und Wissenschaftlern die Rückkehr der Finanzkrise, die hohe Arbeitslosigkeit und die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. Auch die alternative Entwicklungsorganisation Oxfam hatte anlässlich des Weltwirtschaftsforums eine Analyse vorgelegt. Dramatisches Ergebnis: Die 85 reichsten Menschen der Welt besitzen so viel wie die halbe Weltbevölkerung.

Doch trotz dieser warnenden Stimmen im Vorfeld wird man auch 2014 in Davos nur wenig Nachdenkliches hören. Bewegen wird sich (wieder einmal) nicht viel. Der Grund: Die Interessen der Teilnehmer sind einfach viel zu unterschiedlich.

Welchen Sinn macht denn das Mammut-Treffen überhaupt?

An den Diskussionen haben die Politiker und Manager unter den 2500 Teilnehmern nicht so viel Interesse. Es sei denn, im kleinen Kreis. Denn im Mittelpunkt steht das Knüpfen von Kontakten. Ein deutscher Manager sagte einmal: "Vier Tage Davos ersparen mir vier Wochen Dienstreisen." Manche Teilnehmer haben zehn Termine am Tag - zwischen 7.00 und 23.00 Uhr. Und zuweilen noch später.

Manchmal werden auch konkrete Geschäfte und Deals eingefädelt, oft geht es aber nur darum, sich kennenzulernen - damit es später besser läuft, wenn es um konkrete Abmachungen geht. Dazu trägt übrigens auch die Kleiderordnung bei: Krawatten sind verboten.

Welches waren die aufregendsten Momente in Davos?

Historisch gesehen sicherlich die Begegnung des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl mit dem damaligen DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow. Man kam sich näher und begann, über die Wiedervereinigung zu reden.

Oder 1992 ein Handschlag zwischen dem ehemaligen weißen Ministerpräsidenten Südafrikas, Frederik Willem de Klerk, mit dem kurz zuvor aus langer Haft entlassenen schwarzen Oppositionsführer Nelson Mandela. Das ging unter die Haut.

Was ist dieses Mal besonders spannend?

Keine 300 Kilometer entfernt findet die Syrien-Friedenskonferenz statt. Viele der dort vertretenen Außenminister wollen anschließend auch nach Davos kommen - und manche werden in vertraulichen Gesprächen dann weiter nach Lösungen suchen. Das gelingt in verschwiegenen Kaminzimmern und ohne Anzug und Krawatte leichter. Zumindest lernt man sich besser kennen - und oft auch schätzen. Zudem können Treffen sehr spontan und kurzfristig organisiert werden. Schließlich wohnen viele im selben Hotel - dem 250-Betten-Palast Belvedere. Und wenn nicht? Kein Problem. Dann geht man zu Fuß. In Davos ist alles schnell erreichbar.

Auch spannend: Der iranische Präsident und andere Mitglieder seiner Regierung sind erstmals seit Jahren wieder dabei. Zwar wurde er von der UN doch nicht zur Syrien-Konferenz eingeladen. Aber die Gespräche, die er dort jetzt nicht führen kann, kann er in Davos nachholen. Wenn er möchte. Was er sicherlich möchte: Das Vertrauen zurückgewinnen, das der Iran in den vergangenen Jahren verspielte. Mit im Blick hat der Iran dabei sicherlich auch, dass dringend Investitionen benötigt werden.

Wer zahlt das alles?

Keine Angst - nicht der Steuerzahler! Das Weltwirtschaftsforum (WEF) mit Sitz in Cologny am Genfer See ist eine Non-Profit-Organisation, die vom Geld ihrer Mitglieder lebt. So sind die meisten der 1000 größten Unternehmen der Welt Mitglied - und zahlen pro Jahr zwischen 40.000 und 400.000 Euro als Beitrag. Wer dann nach Davos reist, muss noch mal eine Teilnahmegebühr von mindestens 15.000 Euro zahlen. Das WEF hat weltweit rund 500 Mitarbeiter.

Die Konferenz in Davos ist die wichtigsten und bekannteste. Das Forum führt aber auch andere große internationalen Konferenzen unter anderem in Asien und Amerika durch, unterstützt gemeinnützige Initiativen und fördert innovative Jungunternehmer.

Was hat der Ort von dem Rummel?

Viel. Zwar müssen die Einwohner in dieser Woche mit manchen Einschränkungen leben. So sind Straßen gesperrt und Hotels und Veranstaltungsräume streng bewacht. Zutritt verboten für alle, die nicht akkreditiert sind. Doch finanziell ist das WEF eine lohnende Sache: Manche großen Hotels machen in diesen Tagen ein Viertel ihres Jahresumsatzes.

Das Weltwirtschaftsforum macht die Stadt seit Jahren weltbekannt und lockt andere Kongresse und Veranstaltungen hierher. Immerhin, so hat die Uni St. Gallen ausgerechnet, sorgt allein das WEF für einen Umsatz von rund 50 Millionen Schweizer Franken, also mehr als 40 Millionen Euro.

Wo ist der Hotspot in diesen Tagen?

Ganz klar: das Steigenberger Grandhotel Belvédère. Der Palast ist in gleißendes Licht gehüllt und bunt dekoriert. 3000 Champagner-Flaschen sind schon kaltgestellt - und werden in den kommenden Tagen geleert. Ein Viertel des Jahresumsatzes erzielt das Hotel in den fünf Tagen des WEF. Die zahllosen kleinen und großen Konferenz- und Besprechungsräume des Hotels werden im Zwei-Stunden-Takt umdekoriert und für immer neue Gesprächsrunden und Empfänge genutzt.

Doch ohne Akkreditierung und persönliche Einladung kommt niemand auch nur in die Nähe des Hotels. Auf dem Dach liegen Scharfschützen, Gäste müssen durch Sicherheitsschleusen. Also doch nur ein Hotspot der Teilnehmer. Den anderen bleibt ein Ausflug ins Luxus-Jugendstil-Hotel Schatzalp - 1900 Meter hoch. Dort spielt auch der "Zauberberg" von Thomas Mann. Ein Geheimtipp unter Davos-Besuchern, die exklusive Ruhe suchen. Denn hier darf jeder rein - und Platz ist auch genug.

Und Skifahren?

Kommt bei den Promis eindeutig zu kurz. Kaum jemand hat Zeit dafür. Und Touristen gibt es wenige, denn die Hotels sind ja alle ausgebucht. Für die Touristen, die trotzdem irgendwo in der Nähe untergekommen sind, sind diese Tage deshalb ideal zum Skifahren: leere Pisten, aber wie fast immer in Davos viel Schnee.

Muss man nicht mit Terroranschlägen rechnen?

Doch. Aber passiert ist noch nichts. Das liegt auch daran, dass Davos in einem Tal liegt und die Zugänge gut zu kontrollieren sind. In Davos selbst gibt es zahlreiche Kontrollpunkte und Zugangssperren. In der Luft patrouillieren Tag und Nacht Kampfflugzeuge. Scharfschützen, Polizisten und Soldaten stehen für den Notfall bereit, halten sich aber im Hintergrund, so dass im Ort selbst in diesen Tagen Urlaubsatmosphäre herrscht.

Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Proteste, Demonstrationen und auch Straßenschlachten - die fanden aber weit entfernt in Bern oder Zürich statt.

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