Debatte über Euro-Rettungsschirm "ESM-Bank wäre eine Inflationsmaschine"

Stand: 31.07.2012 17:06 Uhr

Eine Banklizenz für den Euro-Rettungsschirm? Nein und nochmals nein, lautet die Antwort der schwarz-gelben Koalition. FDP-Fraktionschef Brüderle geißelte den altbekannten Vorschlag als "Vermögensvernichtungswaffe". Laut Bundesregierung gibt es nicht einmal Gespräche darüber. Nur die Grünen loben die Idee.

Die Bundesregierung und die Koalitionsparteien CDU, CSU und FDP lehnen eine Banklizenz für den dauerhaften Euro-Rettungsschirm weiter strikt ab. Berichte, wonach die seit langem diskutierte Idee in der Eurozone mittlerweile Unterstützung gewinne, konterte das Bundesfinanzministerium mit einer klaren Stellungnahme: Der ESM verfüge laut Vertrag über keine Banklizenz. Das solle sich auch nicht ändern. "Wir sehen keine Notwendigkeit dafür", sagte ein Ministeriumssprecher. "Wir führen auch keine Gespräche zu dem Thema."

Politiker aller Koalitionsparteien wiesen den erneut aufgekommenen Vorschlag entschieden zurück. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle bezeichnete die Banklizenz als "eine Inflationsmaschine und eine Vermögensvernichtungswaffe". Die Bundesregierung und andere Geberländer seien nicht bereit, sich an einem "inflationspolitischen Himmelfahrtskommando" zu beteiligen, sagte er der "Welt". Die Pläne sollten sofort in der Schublade verschwinden. Sie seien weder im deutschen noch im europäischen Interesse.

Hintergrund: Anleihekauf durch den ESM
Bislang war vorgesehen, dass der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM Staatsanleihen von Euro-Ländern selbst kaufen kann, damit diese Staaten niedrigere Zinsen zahlen müssen, wenn sie sich bei Investoren Geld leihen. Der ESM kann diese Papiere aber nicht unbegrenzt kaufen. Denn das Geld für diese Geschäfte muss sich der Rettungsschirm auf dem Kapitalmarkt selbst leihen. Zur Absicherung dient dabei das Stammkapital von 700 Milliarden Euro, das die Euro-Staaten bereitstellen.
Bekäme der ESM nun eine Banklizenz, könnte er sich wie andere Geldhäuser nach Bedarf frisches Geld bei der Europäischen Zentralbank leihen. Dafür müsste er Sicherheiten wie die erworbenen Staatsanleihen hinterlegen. So käme ein Kreislauf in Gang, der sich praktisch unbegrenzt fortsetzen ließe. Denn mit dem EZB-Geld könnte der ESM weitere Staatsanleihen kaufen. Damit stiegen aber auch die Risiken für die anderen Euro-Staaten.

Union: ESM darf nicht Bad Bank der EZB werden

CDU-Fraktionsvize Michael Meister erklärte, das Modell einer Banklizenz für den ESM führe dazu, "dass wir letztendlich eine Finanzierung von Staatsschulden über die Zentralbank bekommen, und zwar dauerhaft und unbegrenzt". Die Folge wäre eine inflationäre Entwicklung, sagte er im Deutschlandfunk. Die Idee sei daher "für uns nicht vorstellbar". Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, der CDU-Politiker Norbert Barthle sagte dem "Tagesspiegel", dass der ESM nicht die Bad Bank der Europäischen Zentralbank werden dürfe.

Der CSU-Haushaltsexperte Bartholomäus Kalb sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass es im Bundestag eine Mehrheit für eine Banklizenz gebe. "Denn das wollte man ja ausdrücklich nicht." Der ESM könne mit dem Instrument völlig anders agieren als bislang vorgesehen. Es sei zudem nicht zweckmäßig, neben der Europäischen Zentralbank eine weitere "Quasi-Zentralinstitution" zu haben, die unter anderem die Geldmenge beeinflussen könne. Der Vorsitzende der CSU-Mittelstands-Union, Hans Michelbach, sprach von einem "gefährlichen Versuch, das Verbot einer direkten Staatsfinanzierung durch die EZB zu unterlaufen".

Linkspartei dagegen, Grüne dafür

Die Opposition reagierte unterschiedlich auf den Vorschlag, den ESM mit einer Banklizenz auszustatten, um ihm die Möglichkeit zu geben, quasi unbegrenzt Staatsanleihen von Euro-Ländern kaufen zu können. Sahra Wagenknecht, Fraktionsvize der Partei Die Linke im Bundestag, warnte, dass eine Banklizenz für den ESM "nicht zu einem Schuldenabbau, sondern zu einer unlimitierten Bankenrettung" führen werde. Die Zeche dafür müssten die Bürger zahlen.

Dagegen begrüßte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin die Idee. Nur mit einer Banklizenz für den ESM oder einem gemeinsamen europäischen Schuldentilgungsfonds könne das Vertrauen der Finanzmärkte in den Euro zurückgewonnen werden, sagte er im ARD-Morgenmagazin. "Wer sich wie Schwarz-Gelb beidem verweigert, spielt mit dem Zerbrechen der Eurozone", warnte er. Eine Banklizenz für den ESM sei die bessere und billigere Alternative zum bloßen Ankauf von Anleihen auf dem Sekundärmarkt durch die EZB.

Banken warnen vor übermäßigen Risiken

Die Sparkassen und der Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) sprachen sich gegen eine Banklizenz für den ESM aus. "Mit einer solchen Kreditaufnahmemöglichkeit würde das Verbot zur Staatsfinanzierung bei der EZB unterlaufen und das deutsche Haftungsrisiko übermäßig erweitert", sagte der Präsident des Sparkassenverbands, Georg Fahrenschon. Ähnlich äußerte sich VÖB-Hauptgeschäftsführer Hans Reckers. "Dieses Vorhaben würde eine weitere unbegrenzte Vergemeinschaftung von Staatsschulden durch die Hintertür ermöglichen. Das ist klar abzulehnen", sagte er.