Verfassungsrichter kritisieren EZB-Politik Nun soll der EuGH entscheiden

Stand: 07.02.2014 12:07 Uhr

Für die Mehrheit der Richter in Karlsruhe ist die EZB-Krisenpolitik nicht mit EU-Recht vereinbar. Darüber entscheiden soll aber der Europäische Gerichtshof. Damit gibt das Bundesverfassungsgericht erstmals eine Entscheidung an das EU-Gericht ab.

Von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion

Es sind deutliche Worte aus Karlsruhe, die in der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt heute für eine heftige Erschütterung sorgen dürften. Die Mehrheit der Richter des 2. Senats hält das, was die EZB getan hat, um die Krise in der Eurozone einzudämmen, für unzulässig - und das aus unterschiedlichen Gründen.

Als die Krise vor anderthalb Jahren zu eskalieren drohte, kündigte EZB-Chef Mario Draghi an, notfalls in unbegrenzter Zahl Staatsanleihen von Krisenstaaten aufzukaufen. Das, so die Richter, sei rechtswidrig gewesen. Ein solcher Beschluss sei nichts anderes als eine wirtschaftspolitische Maßnahme. Die EZB sei nach europäischem Recht aber nicht befugt, aktiv Wirtschaftspolitik zu betreiben.

Finanzausgleich zwischen Staaten?

Die Richter machen deutlich, dass sie auch grundsätzlich mit dem Aufkauf von Staatsanleihen ein großes Problem haben. Wenn die EZB Staatsanleihen aufkaufe, dann führe das am Ende zu einer erheblichen Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten der Eurozone. Das wirke wie ein Finanzausgleich zwischen Staaten. Und ein solcher Finanzausgleich sei ebenfalls nicht durch europäisches Recht gedeckt.

Und dann folgt die nächste Breitseite gegen die EZB und die gesamte Krisenpolitik. So verweist das Bundesverfassungsgericht darauf, dass die europäischen Verträge es der EZB ausdrücklich verbieten, Staatsanleihen direkt von Euro-Staaten aufzukaufen. Man muss dazu sagen, dass die EZB Staatsanleihen bisher immer auf dem sogenannten Sekundärmarkt gekauft hat - also nicht von Staaten selbst, sondern auf dem freien Markt, wo Staatsanleihen gehandelt werden. Ein unbegrenzter Aufkauf von Anleihen am Sekundärmarkt sei aber ebenfalls rechtswidrig. Denn so umgehe die EZB das Verbot, Staaten zu finanzieren, so die Karlsruher Richter.

Sie lassen aber auch durchblicken, wie man die EZB-Krisenpolitik verändern müsste, damit sie mit europäischem Recht vereinbar ist. Auf keinen Fall, sagen die Richter, dürfe sich die EZB irgendwann an einem Schuldenschnitt, einem Schuldenerlass beteiligen. Außerdem müsste sie sich vom Aufkauf von Staatsanleihen in unbegrenzter Höhe verabschieden.

Es geht um europäisches Recht

Im Wesentlichen geht es um die Auslegung von europäischem Recht. Dafür ist aber nicht das Bundesverfassungsgericht zuständig, sondern der Europäische Gerichtshof. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht den Fall nun den Richterkollegen in Luxemburg vorgelegt. Es ist eine historische Entscheidung, denn es ist das erste Mal überhaupt, dass das passiert. Erst wenn diese Entscheidung vorliegt, wird das Bundesverfassungsgericht sich erneut der Sache annehmen und ein Urteil fällen.

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