Treffen der Euro-Finanzminister Neuer Streit um Rettungsmilliarden

Stand: 07.11.2011 13:58 Uhr

Die Finanzminister der Eurozone beraten zur Stunde über die Ausgestaltung der vom Krisengipfel Ende Oktober beschlossenen Optionen zum Euro-Rettungsschirm (EFSF). Auf dem G20-Gipfel tauchte aber schon wieder eine neue Idee auf: Die Euro-Staaten sollen einen Teil ihrer Währungsreserven einsetzen. Die Bundesregierung ist dagegen. Aber der Druck wächst.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

"Wir werden alles tun, um den Euro zu retten." - der Satz ist in diesen Krisenzeiten zum Standard-Repertoire der europäischen Spitzenpolitiker geworden. Denn, so Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer letzten Regierungserklärung: "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa und das darf nicht passieren." Genauso dramatisch lässt sich auch immer wieder der französische Staatschef Nicolas Sarkozy vernehmen.

Wie weit geht die Liebe zum Euro?

Aber heißt das: Alles tun? Merkel und Sarkozy haben da ziemlich unterschiedliche Vorstellungen. Der Franzose - und da hat er viele andere an seiner Seite - will den Euro-Rettungsschirm so schlagkräftig wie möglich machen, und zwar durch den Rückgriff auf das Geld der Notenbanken. Die Deutschen wollen auch eine Stärkung des Rettungsschirms, aber die Zentralbanken sollen dabei außen vor bleiben.

Die jüngste Episode in diesem Grundsatzstreit trug sich auf dem G20-Gipfel in Cannes zu. Sarkozy startete, unterstützt von US-Präsident Barack Obama und dem britischen Premier David Cameron, einen Angriff auf die Tresore der Euro-Notenbanken: Die sollten ihre Sonderziehungsrechte poolen.

An eigene Währungsreserven gehen?

Die Sonderziehungsrechte sind eine Kunstwährung. Sie stellen rechtlich gesehen einen Anspruch der Staaten an den Internationalen Währungsfonds (IWF) dar. Und sind somit - ebenso wie die Gold- und Devisenbestände - Teil der nationalen Währungsreserven.

Deutsche Bundesbank

Die Bundesbank verwaltet die nationalen Geldreserven.

In Deutschland werden diese von der Bundesbank verwaltet. Insgesamt belaufen sie sich auf 130 Milliarden Euro, 15 Milliarden davon in Form von IWF-Sonderziehungsrechten. Und diese 15 Milliarden sollten zusammen mit den Sonderziehungsrechten der anderen Euro-Staaten zusammengelegt und beim IWF hinterlegt werden.

Sie würden als Pfand für Gelder dienen, die bei außereuropäischen Investoren für den Euro-Rettungsschirm eingesammelt werden sollen. Die deutsche Haftungssumme für neue Schulden der Eurokrisenländer hätte sich damit weiter erhöht.

Der Plan scheiterte bislang am Veto der Bundesbank. Diesmal ging es "nur" um 15 Milliarden Euro. Ganze andere Summen standen beim Streit um die Banklizenz für den EFSF auf dem Spiel. Der Rettungsschirm sollte dadurch die Möglichkeit bekommen, aufgekaufte Staatsanleihen der Krisenländer als Sicherheiten bei der EZB zu hinterlegen und sich dafür immer neues Geld in Frankfurt zu borgen.

Ackermann lobt deutsche Haltung

Für Franzosen, Italiener und Spanier war das der perfekte Hebel, um dem Rettungschirm wirklich die notwendige Kraft zu geben. Für die Deutschen aber war das der endgültige Einstieg in die sogenannte monetäre Staatsverschuldung. Die EZB wirft die Notenpresse an, um die Schulden der Staaten zu finanzieren. Die Bundesregierung setzte sich zuletzt durch - und bekam dafür unter anderem Beifall von Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann: "Dass man da auch kreative Lösungen prüft, ist verständlich. Würde ich aber verheerend finden. Wir dürfen jetzt nicht auf indirektem Wege an die Bundesbank und andere Zentralbanken herangehen."

Stattdessen soll der Rettungsschirm nun auf anderen Wegen gehebelt werden. Gesucht wird die Rettung vor allem bei außereuropäischen Staaten und privaten Investoren. Denen soll der EFSF einen Teil des Risikos abnehmen, wenn sie Gelder in den Kauf europäischer Staatsanleihen investieren.

EFSF noch nicht stark genug

Die Euro-Finanzminister beraten heute über die genaue Ausgestaltung dieser Finanzinstrumente. Aber bis jetzt hält sich der Erfolg der Werbeaktionen in Grenzen. Und so ist mit dem Veto der Bundesregierung gegen die Poolung der Sonderziehungsrechte und gegen die Banklizenz für den EFSF das Problem nicht vom Tisch: Der Rettungsschirm muss aufgerüstet werden, wenn er wirklich zu einer Brandmauer werden und Italien und Spanien schützen soll.

Nicht wenige Experten sind der Meinung, dass das ohne die Einbeziehung der EZB mit ihrer praktisch unbegrenzten Feuerkraft nicht funktionieren kann, so wie Sony Kapoor, der Chef der Londoner Denkfabrik ReDefine: "Die einzige Institution, die in dieser Situation noch die Märkte beruhigen und das Vertrauen wieder herstellen kann, ist die EZB. Der Druck auf Deutschland wird anhalten."