Handelskonflikt zwischen China und der EU Der Streit, der nicht eskalieren darf

Stand: 24.05.2013 11:42 Uhr

Vor dem Besuch von Chinas Ministerpräsident Li in Berlin ist die Stimmung zwischen seinem Land und der EU schlecht. Die Angst vor einem Handelskrieg steigt. Deutschland ist wichtigster Partner der Volksrepublik in Europa: Kanzlerin Merkel soll vermitteln.

Von Markus Rimmele, ARD-Hörfunkstudio Schanghai

Es ist die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang. Sie hat ihn in den vergangenen Tagen schon nach Indien und Pakistan geführt. In Europa besucht er außer der Schweiz morgen nur Deutschland. Eine Ehre, findet Jan Nöther, der oberste Vertreter der deutschen Wirtschaft an der Auslandshandelskammer in Schanghai. "Das ist ein sehr starkes politisches Zeichen einer besonderen Wertschätzung und zeigt, dass sowohl die politische als auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland besser ist als jemals zuvor", sagt Nöther.

Große Nervosität vor dem Besuch

Und doch ist vor diesem Besuch die Nervosität größer als sonst. Handelskonflikte drohen zu eskalieren. Die EU-Kommission plant Strafzölle auf chinesische Solarprodukte, will eventuell auch ein Anti-Dumping-Verfahren gegen Chinas Telekommunikationsausrüster einleiten. China wiederum droht mit Vergeltung, prüft schon Importbeschränkungen für legierte Stahlrohre aus Europa. Die deutsche Wirtschaft in China schaut gespannt auf den Besuch von Li Keqiang in Berlin.

Die Strafzölle hält hier fast niemand für eine gute Idee. "Strafzölle sind ein sehr endgültiges Thema und nicht auf eine harmonische Zusammenarbeit ausgerichtet. Für meinen Geschmack hätten wir den Verhandlungsweg noch weiter beschreiten sollen, um letztlich auf Strafzölle, die möglicherweise auch auf Reaktion der chinesischen Behörden stoßen, zu verzichten", sagt Nöther.

Wirtschaft auf beiden Seiten in Sorge

Die Reaktion der Chinesen - vor ihr haben die Deutschen Angst. China ist Deutschlands wichtigster Exportmarkt außerhalb der EU. Für Volkswagen, BMW und viele andere ist die Volksrepublik längst der größte Einzelmarkt weltweit. Deutsche Mittelständler strömen nach wie vor nach China, um ein Stück von dem stets wachsenden Markt abzubekommen und der europäischen Krise zu entfliehen. Sie alle sind verwundbar, sollte es zum ausgewachsenen Konflikt mit China kommen.

Umgekehrt machen sich auch die chinesischen Investoren in Europa Sorgen - Hong Gang etwa. Der Unternehmer aus Schanghai hat in Halle an der Saale 50 Millionen Euro in eine neue Fabrik seiner Firma Greatview investiert. Sie stellt Getränkekartons her und beschäftigt 100 Mitarbeiter.

"China braucht Deutschland, Deutschland braucht China", sagt Hong Gang. "Sie sind wie Zwillingssterne. Das ist eine sehr wertvolle Beziehung. Wir sollten nicht zulassen, dass diese durch die aktuellen Probleme kaputtgemacht wird. Das wäre zu traurig." Hong Gang ist von den aktuellen Konflikten nicht direkt betroffen. Doch er sorgt sich um die Atmosphäre zwischen China und Europa.

"Es geht um die Stimmung bei den normalen Leuten in Europa - bei den Verbrauchern, bei unseren Kunden, bei unseren Nachbarn. Wenn sich bei denen ein allgemein schlechtes China-Bild festsetzt, ist das schädlich. Bitte keine China-Klischees", fordert er.

Billige Kredite vom Staat für Chinas Wirtschaft

Es ist ein offenes Geheimnis, dass in China ganze Branchen staatliche Unterstützung - meist der Lokalregierungen - erhalten. Oft in Form von billigen Krediten oder kostenlosem Land. Das entspricht nicht den internationalen Handelsregeln. Ob Strafzölle der richtige Weg sind, China zum Einlenken zu bewegen - daran scheiden sich die Geister.

"Die gegenseitigen Abhängigkeiten sind sehr stark. Und der Besuch von Li Keqiang in Deutschland bezeugt auch, dass man über Gespräche zu Lösungen kommen möchte. Gegenwärtig glaube ich nicht daran, dass es einen Handelskrieg geben wird", sagt Auslandshandelskammer-Chef Nöther.

Die deutsche Bundesregierung hat wiederholt vor Strafzöllen gegen China gewarnt. Das dürfte Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Augen der Chinesen als Gesprächspartnerin interessant machen - als Vermittlerin zwischen Brüssel und Peking.

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