Ein Paketzusteller sortiert Pakete in einer Zustellbasis der Deutschen Post.

20 Jahre Post-Börsengang Mehr Pakete, weniger Filialen

Stand: 20.11.2020 06:45 Uhr

Heute vor 20 Jahren ging der einstige Monopolist an die Börse. Für die Anleger ein gutes Geschäft. Aus Verbrauchersicht fällt die Bilanz gemischter aus.

Von Lothar Gries, boerse.ARD.de

Auf den Straßen unserer Städte sind die Fahrzeuge der Paketdienste allgegenwärtig. Oft in zweiter Reihe geparkt, nicht selten den Verkehr behindernd, liefern sie dank des stetig wachsenden Online-Handels immer mehr Sendungen aus. Einen zusätzlichen Schub erhielt die Branche in den letzten Monaten durch die Pandemie, weil die Menschen noch mehr im Internet kauften als zuvor.

So hat im ersten Halbjahr allein die Deutsche Post 367 Millionen Pakete verschickt - 11,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Und im diesjährigen Weihnachtsgeschäft (November und Dezember) dürfte der Online-Versand sogar alle Rekorde brechen. Der Paketverband BIEK rechnet mit rund 420 Millionen Sendungen, 60 Millionen mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum und so viele wie nie zuvor.

Steigende Kosten

Die Paketflut führt allerdings auch zu steigenden Kosten: Die Post schickt mehr als 13.000 zusätzliche Fahrzeuge und 600 weitere Elektrodreiräder auf die Straßen – und kündigte bereits an, auch abends Pakete zustellen zu wollen.

Als Flop hat sich dagegen der Elektro-Transporter Streetscooter erwiesen. Anfang des Jahres hatten die Bonner das Aus verkündet. Der Stopp führt für den Konzern zu Kosten von 350 Millionen in diesem Jahr. Nochmal 50 Millionen fallen dafür 2021 an.

Um das erwartete Volumen zu bewältigen, hat die Post auch 10.000 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. In der gesamten Branche werden etwa 30.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt.

Die Frist für die rechtzeitige Zustellung von Paketen zum Weihnachtsfest ist übrigens der 19.12.2020 um 12 Uhr. Briefe müssen bis zum 22.12.2020 abgegeben werden.

Zahl der Packstationen verdoppeln

Doch auch die Investitionen nehmen zu. Die Post will ihr Tempo beim Ausbau der Packstationen beschleunigen. Von derzeit etwa 6.000 soll die Zahl dieser Abholanlagen bis Ende 2023 auf 12.000 verdoppelt werden. Derzeit hat nach DHL-Angaben die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland eine Packstation in ihrer Nähe, also im Umkreis von einem Kilometer Entfernung. Künftig soll der Anteil steigen.

Allerdings ist nicht immer garantiert, dass die Sendung auch wirklich an die Packstation geht, die man beim Online-Bestellen als Adresse angibt. Denn ist besagte Station voll, landet das Paket woanders und der Verbraucher muss wider Erwarten einen weiteren Weg auf sich nehmen.

Bereit für den Transport des Impfstoffs

Eine Herausforderung ganz anderer Dimension ist der Transport und die Verteilung eines möglichen Corona-Impfstoffs. Aber auch da gibt sich Post-Chef Frank Appel gelassen: Die Frage laute eher, ob ausreichend Impfstoff produziert werde, und nicht, ob die Logistik funktioniere. "Wir sind seit Beginn der Pandemie mit Pharmaunternehmen im Gespräch", erklärte Appel. Aus der Verteilung der Schutzmaterialien habe man viel gelernt. "Wir fühlen uns gut gerüstet." Die Post könne auch Impfstoffe transportieren, die stark gekühlt werden müssen.

Wie sich die Verteilung eines Impfstoffes allerdings finanziell für den Konzern auswirke, könne man noch nicht sagen. Der Konzern stehe aber auf jeden Fall zur Verteilung bereit, betonte Konzernchef Appel in der vergangenen Woche.

Schrumpfendes Briefgeschäft

Keine Erfolgsgeschichte ist dagegen das Briefgeschäft. Seit Jahren geht es hier bergab, weil im Internetzeitalter viele Menschen lieber über Mails oder Chats kommunizieren als über Briefe. Laut dem letzten Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur ist die Briefmenge in Deutschland 2018 um fünf Prozent gesunken.

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In diesem Jahr ist besonders das Geschäft mit lukrativen Werbesendungen geschrumpft. Grund hierfür sind die knappen Kassen von Firmenkunden in Corona-Zeiten.

Immer wenige eigene Postfilialen

Geschrumpft ist auch die Zahl der "echten" Postfilialen mit eigenen Mitarbeitern, von 6.000 vor 20 Jahren auf noch rund 1.000. Über 90 Prozent der derzeitigen "Filialen" sind heute sogenannte Postagenturen von privaten Anbietern, wie Zeitschriften- oder Lotto-Läden. Davon unterhält die Post bundesweit inzwischen gut 26.000.

Deutsche-Post-DHL-Manager Holger Bartels begründet die Umstellung damit, "unser Filialnetz wirtschaftlicher zu betreiben". Aber auch die Verbraucher hätten Vorteile von der Ausweitung des Konzepts der Partnerfiliale: Kunden bekämen so "einen besseren Service sowie deutlich längere Öffnungszeiten".

Bald keine Briefzustellung am Montag mehr?

Auch bei den Briefkästen hat der Konzern abgebaut: Im Jahr 2002 - frühere Daten liegen nicht vor - gab es demnach 130.000, im ersten Halbjahr 2019 noch knapp 110.000 der gelben Kästen in Deutschland.

Auch die Briefzustellung gerät immer öfter in die Kritik. Längst berichten viele Privathaushalte, dass der Briefträger nicht mehr jeden Tag komme. Vor allem an Montagen werde vielerorts keine Post mehr ausgetragen. Tatsächlich würde die Post die Briefzustellung zu Beginn der Woche am liebsten einstellen, weil an diesem Tag nur zwei Prozent der Wochenmenge zugestellt würden, erklärt ein Post-Sprecher. Denn Firmen und Behörden geben am Wochenende keine oder kaum Briefe auf. Montags seien es also fast nur private Briefe, deren Anteil klein ist.

Wachstumsdynamik schwächt sich ab

Dennoch bleibt das Briefporto hoch. Zu hoch, beklagt die Konkurrenz. Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) hat beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen die Bundesnetzagentur eingereicht. Das Gericht solle mit einer Eilentscheidung den Vollzug der Portoerhöhung von 2019 auf 80 Cent für einen Standardbrief außer Vollzug setzen, verlangt der Verband.

Und was passiert, wenn der Online-Boom nachlässt und wieder mehr Menschen in den stationären Handel zurückkehren? Analysten erwarten, dass sich nach dem Ende der Corona-Pandemie die Wachstumsdynamik im Pakethandel zwar abschwächt, aber nicht endet.

Die Perspektiven für den Logistiker blieben vorteilhaft, auch wenn die Dynamik im nächsten Jahr wegen der erwarteten Verfügbarkeit von Impfstoffen etwas zurückgehen dürfte, glaubt Dirk Schlamp von der DZ Bank. Der Onlinehandel werde den Bonnern auch 2021 und 2022 noch in die Karten spielen.

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