Black-Friday-Werbung in einer Einkaufspassage
FAQ

Black Friday Wie rabattwütig sind die Europäer?

Stand: 27.11.2020 15:58 Uhr

Der Black Friday soll kurz vor Beginn der Vorweihnachtszeit die Lager leeren und den Konsum ankurbeln. Wie es in der Corona-Krise um die Kauflust in Europa bestellt ist.

Von Oliver Neuroth, ARD-Studio Madrid

Spanien: Schlechtere Geschäfte als sonst?

Die Rabattaktionen rund um den Black Friday sind auch in Spanien nicht mehr wegzudenken. Und weil es viele Spanier nicht so mit der englischen Sprache haben, steht oft ein "viernes negro" als Übersetzung dahinter. In den vergangenen fünf Jahren verzeichneten Händler immer neue Verkaufsrekorde im Vergleich zu den Vorjahren - und jubelten über Umsatzzuwächse von bis 24 Prozent.

In diesem Jahr dürfte es anders aussehen: Im Sommer hatten schon vergleichsweise wenige Spanier bei den Schlussverkäufen zugegriffen - aus Geldsorgen. Mehr als 700.000 Menschen sind weiter in Kurzarbeit, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen. Und so erwarten Ökonomen einen eher mauen Black Friday 2020. Die Geschäfte haben ihre Belegschaften um knapp ein Viertel reduziert, weil sie weniger Kunden erwarten als sonst.

Online-Shops werden wegen Corona wohl noch besser dran sein als klassische Einzelhändler: Nur sechs Prozent der Spanier sagen in einer Umfrage, dass am Black Friday in Geschäften vor Ort einkaufen wollen - 65 Prozent dagegen wollen ausschließlich online shoppen. Die Liste der Lieblingsschnäppchen der Spanier hat sich trotz Corona kaum geändert: Die Top 3 sind weiterhin Mode, Elektronik und Spielzeug.

Frankreich: Schnäppchenjagd um eine Woche verschoben

In Frankreich verspätet sich der Schnäppchentag Black Friday in diesem Jahr. Erst am 4. Dezember können große Ketten, Einzelhändler und auch Online-Riesen wie Amazon ihre Rabattaktionen anbieten. Es ist ein Zugeständnis an die Einzelhändler. Die müssen nämlich im Rahmen der Corona-Auflagen noch geschlossen bleiben - und fürchteten, dass vor allem die Internetgiganten das große Geschäft machen würden, während kleine Buch- oder Spielwarenläden in die Röhre schauen. Auf Druck der Regierung willigten am Ende auch Onlinehändler, darunter Amazon, ein, ihre Rabattaktion in Frankreich um eine Woche zu verschieben.

Der Black Friday ist wichtig für den französischen Handel. Die Pariser Industrie- und Handelskammer spricht von einem Umsatz von sechs Milliarden Euro nur an diesem einen Tag. Umfragen zufolge kaufen mehr als 60 Prozent der Menschen in Frankreich gezielt am Black Friday ein. Verbraucherschützer warnen allerdings die Konsumenten: Viele Händler erhöhten die Preise vor dem Rabatt-Tag, nur um sie dann am Black Friday wieder zu senken. UFC-Que Choisir, das französische Pendant zur Stiftung Warentest rief die großen bekannten Händler wie F’nac oder Darty dazu auf, diese Art der "Abzocke" zu unterlassen.

Polen: Schwarzer Monat statt Schwarzer Freitag

In Polen führt das verrrückte Corona-Jahr zu einem Zickzackkurs in der Einzelhandelspolitik: Am 7. November schloss die Regierung wegen der Pandemie fast alle Geschäfte in den großen Einkaufszentren, am Samstag sollen sie wieder öffnen dürfen, wenn auch unter strengen Auflagen - zu spät für den Black Friday, der auch in Polen schon lange als Marketing-Instrument genutzt wird.

Im Grunde versuchen die Händler und Onlineshops schon die ganze Woche und - wenn man so will - schon den ganzen Monat mit allerlei Offerten und Angeboten, zögernde Kunden aus der Reserve zu locken; das Verbrauchschutzamt warnt dabei vor oft nur scheinbar günstigen Angeboten und anderen Tricks.

Retten lässt sich das Geschäft dieses Jahr wohl so oder so nicht mehr. Zwar lagen die Einzelhandelsumsätze noch im September deutlich über dem Vorjahresniveau, aber bereits im Oktober mit der zweiten Corona-Welle lagen die Umsätze wieder deutlich unter denen von 2019; das dürfte sich im laufenden Monat noch verschärft haben. Die Angst vor Ansteckung, aber auch sich verdüsternde wirtschaftliche Perspektiven im Land wirken dabei als Hemmschuh.

Mit Blick auf ihre Grundbedürfnisse decken sich die Polen ein, sehr gern per Lieferung, und ein Segment erfreut sich - wie schon während des ersten Teil-Lockdowns - sogar steigender Umsätze: Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik sowie Computer & Co. fürs Homeoffice.

Die Regierung macht sich zunehmend Sorgen um den Handel mit seinen vielen Beschäftigen. Dennoch gibt sie, die eigentlich mit Rücksicht auf die katholische Kirche den Sonntagsverkauf eingeschränkt hatte, mit dem 6.12. einen zusätzlichen Verkaufssonntag frei.

Großbritannien: Online ist der Teufel los

Der Black Friday ist für den britischen Einzelhandel der Rettungsanker, an den sich alle klammern. Auch wenn in der kommenden Woche der Lockdown in Großbritannien gelockert werden soll: Es bleibt die Unsicherheit, ob die Menschen dann wirklich wieder in die Läden strömen.

Also muss online geshoppt werden - und es wird online geshoppt. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Experten gehen davon aus, dass die Online-Verkäufe der Black-Friday-Woche um 35 bis 45 Prozent höher ausfallen als im vergangenen Jahr. Die Händler sind bemüht, die Verkaufseinbrüche abzufangen.

"We try to flatten the curve", sagen sie, einen Begriff bemühend, der derzeit in der Corona-Debatte allgegenwärtig ist. Die Händler allerdings wollen keine Aufwärtsbewegung, sondern eine Abwärtskurve abschwächen.

Dass dies gelingen könnte, dafür spricht auch eine andere Zahl: Bereits in der vergangenen Woche lag die Auslieferung von Paketen als Konsequenz der Online-Bestellungen um 43 Prozent höher als 2019.

7,5 Milliarden Pfund - das sind deutlich mehr als acht Milliarden Euro - werden die Briten allein an diesem Wochenende für Kleidung, Spielzeug und sonstige Geschenke ausgeben, schätzt der Handel. Das wäre viel, würde die befürchteten Verluste allerdings nicht auffangen.