Blitz-Stresstest Sechs deutsche Banken sind durchgefallen

Stand: 08.12.2011 20:53 Uhr

Der Blitz-Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht hat gigantische Kapitallücken entblößt: Allein in Deutschland sind sechs Geldhäuser durchgefallen. Zwei Drittel des hiesigen Fehlbetrags von 13,1 Milliarden Euro entfallen auf die Commerzbank und die Deutsche Bank.

Sechs deutsche Banken sind beim Blitz-Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) durchgefallen. Die Deutsche Bank, die Commerzbank, die DZ Bank sowie die Landesbanken NordLB, Helaba und WestLB weisen in dem Test eine Kapitallücke von insgesamt 13,1 Milliarden Euro aus, wie die Bundesbank und die deutsche Finanzaufsicht BaFin in Frankfurt am Main mitteilten.

Den größten Bedarf hat mit 5,3 Milliarden Euro wie erwartet die stark in den Euro-Schuldenländern engagierte Commerzbank. Der Deutschen Bank fehlen 3,2 Milliarden Euro, um die neu festgesetzte harte Kernkapitalquote von neun Prozent zu erreichen. Die genossenschaftliche DZ Bank hat einen Kapitalbedarf von 353 Millionen Euro, die Landesbanken Helaba und NordLB jeweils 1,5 Milliarden beziehungsweise 2,5 Milliarden Euro. Die WestLB benötigt 224 Millionen Euro. Sie stand allerdings nur noch pro forma auf der Liste der insgesamt 13 beteiligten deutschen Banken. Die Zerschlagung des Düsseldorfer Instituts ist bereits beschlossene Sache.

Staatshilfen für den Notfall

Die Geldhäuser haben nun bis Mitte 2012 Zeit, ihr Kapitalpolster aufzustocken. Schaffen sie das nicht aus eigener Kraft, müssen sie notfalls Staatshilfen in Anspruch nehmen.

Zuletzt hatten sich die deutschen Institute optimistisch gezeigt, die Lücken aus eigener Kraft schließen zu können. Auch die bereits teilverstaatlichte Commerzbank will neuerliche Hilfen des Bundes unbedingt vermeiden. Sie will Bilanzrisiken um 30 Milliarden Euro herunterschrauben, Randgeschäfte verkaufen und Gewinne einbehalten. Zudem dürfen einzelne Geschäftsfelder derzeit keine Kredite mehr vergeben. Ein Rückkauf von Hybridanleihen läuft bei der Commerzbank bereits. Die Deutsche Bank geht nach eigenen Angaben davon aus, sogar schon bis Ende des Jahres den Ansprüchen der EBA gerecht zu werden.

Kapitalbedarf teilweise bereits gedeckt

Ursprünglich waren Europas Aufseher von 5,2 Milliarden Euro Kapitalbedarf für Deutschlands Banken ausgegangen. Nachdem die EBA die Kriterien verschärft hatte, war in Finanzkreisen zuletzt ein Wert von rund 10 Milliarden Euro gehandelt worden.

Bundesbank und Bafin stellten klar, dass der nun festgestellte Kapitalbedarf "in erster Linie aus der Anwendung einer sehr harten Kernkapitaldefinition" resultiere. Die liegt inzwischen bei neun Prozent. Mit dem Kernkapital sichern Banken ihre risikobehafteten Geschäfte ab und machen sich damit widerstandsfähiger.

Teilweise sei der Kapitalbedarf bereits gedeckt: So haben die Träger der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) und der NordLB längst Maßnahmen zur Kapitalstärkung beschlossen. Diese werden aber erst zum Jahresende wirksam - und wurden von der EBA in London wegen des Stichtags 30. September 2011 nicht anerkannt.

Zudem ließ die Behörde die zumeist schlechten Geschäftsergebnisse aus dem dritten Quartal einfließen, setzte strengere Maßstäbe für Risikoanlagen an und schränkte die Verrechnung von Gewinnen und Verlusten bei Staatsanleihen ein.

Europaweit fehlen 114,7 Milliarden Euro

Besonders hohen Kapitalbedarf haben Banken in europäischen Krisenländern wie Spanien mit 26,170 Milliarden Euro und Italien mit 15,366 Milliarden Euro. Die größte Lücke aller untersuchten Banken weist laut EBA-Liste die spanische Bank Santander mit 15,302 Milliarden Euro auf. Frankreichs Institute wiederum benötigen demnach 7,324 Milliarden Euro. Portugal wird mit einem Bedarf von 6,950 Milliarden Euro aufgeführt. Europaweit fehlen insgesamt 114,7 Milliarden Euro.

EBA-Chef Andrea Enria und Polens Finanzminister Jan Vincent-Rostowski - das Land hat derzeit die Ratspräsidentschaft - versicherten in einer gemeinsamen Erklärung in Brüssel, die Banken dürften zum Aufbau von Kapitalpuffern nicht an Krediten für Unternehmen sparen. "Die nationalen Aufsichtsbehörden und die EBA werden sicherstellen, dass die Aktionen zur Erfüllung der Auflagen nicht zu bedeutenden Einschränkungen der Kreditvergabe an die Realwirtschaft führen werden", erklärten sie.

Kritiker: Stresstest schafft kein Vertrauen

Mit dem beim EU-Gipfel Ende Oktober beschlossenen Test wollte die Politik Vertrauen der Märkte in die Stabilität der Banken zurückgewinnen. Kritiker bezweifeln, dass das angesichts des Hick-Hacks um die Maßstäbe und der immer wieder verschobenen Veröffentlichung der Ergebnisse gelingen wird. "Der Stresstest hat sein vorrangiges Ziel, Vertrauen in den Märkten zu schaffen, nicht erfüllt", befand der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB), Hans Reckers. Michael Kemmer vom Privatbankenverband BdB sprach von einem "chaotisch wirkenden Prozess". Die Märkte seien durch die EBA hochgradig verunsichert worden.