EU-Kommissar schlägt Reform vor Der Instrumentenkasten des Monsieur Barnier

Stand: 06.06.2012 02:15 Uhr

EU-Kommissar Barnier will heute Vorschläge machen, wie Bankenkrisen in Europa künftig so gemeistert werden können, dass nicht wieder der Steuerzahler einspringen muss. Unter anderem soll jedes EU-Land verpflichtet werden, einen Krisenfonds einzurichten, der sich aus Abgaben der Geldhäuser finanziert.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

Fortis, HypoRealEstate, Dexia und nun gerade die spanische Bankia - immer verschärfen marode Banken die europäische Krise. Und immer müssen letztlich die Staaten einspringen, um zu verhindern, dass der Zusammenbruch so großer Banken das ganze Finanzsystem in den Abgrund zieht. Damit will der für die Finanzmarktregulierung zuständige EU-Kommissar Michel Barnier nun Schluss machen: Er will dafür sorgen, dass die Banken für die Banken zahlen und nicht die Steuerzahler.

Alle EU-Staaten sollen daher Krisenfonds einrichten, aus denen die Restrukturierung und gegebenenfalls die Abwicklung von Banken in Schieflage finanziert werden. Gespeist würden die Krisenfonds aus Abgaben der Geldhäuser, die in den nächsten zehn Jahren erhoben werden.

In Deutschland ist ein solcher Fonds schon im Aufbau, andere EU-Staaten verfügen aber noch nicht über ein derartiges Sicherheitsnetz. Diese gefährliche Lücke soll nun geschlossen werden. Aber Barnier will noch mehr: "Der Instrumentenkasten muss nach meiner Meinung auch das Bail in umfassen. Also die Eigentümer der Bank, die Aktionäre und Anleihenbesitzer werden auch zur Kasse gebeten." Allerdings soll diese Klausel erst ab 2018 gelten, weil Barnier in der aktuellen Krisensituation Investoren nicht verschrecken will.

Mehr Macht für Aufsichtsbehörden

Am liebsten wäre es dem EU-Kommissar aber, wenn es künftig gar nicht mehr zu einem Bankenkollaps kommen würde: "Ich glaube an die Vorbeugung. Denn das kostet immer viel weniger als die Reparatur." Die Aufsichtsbehörden sollen daher die weitreichenden Möglichkeiten erhalten, bei kriselnden Banken frühzeitig einzugreifen. Und zum Beispiel das Management zu entlassen, den Verkauf besonders riskanter Geschäftsfelder zu verlangen oder den Beginn von Umschuldungsverhandlungen anzuordnen.

Alle Banken werden verpflichtet, eine Art Testament auszuarbeiten, mit konkreten Sanierungs- oder Abwicklungsplänen für den Notfall.

“Vorschlag für die Zukunft“

Für die gegenwärtige europäische Bankenkrise kommt der Kommissionsvorschlag aber zu spät. Nun müssen nämlich noch die Regierungen der EU-Staaten und das EU-Parlament zustimmen. Und das kann noch ein oder zwei Jahre dauern. “Es ist ein Vorschlag für die Zukunft", sagt Barnier.  

In gewisser Weise aber auch ein Vorschlag aus der Vergangenheit. Denn er sieht lediglich den Aufbau nationaler Bankenabwicklungsfonds vor. Derzeit  wird aber intensiv über die Schaffung eines gesamteuropäischen Sicherheitsnetzes für Pleitebanken diskutiert.

Einer der vielen prominenten Fürsprecher ist der Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Er fordert eine europäische Bankenunion: “Mit drei Pfeilern: einem europäischen Einlagensicherungssystem, einem europäischen Abwicklungsfonds für Banken und eine zentrale europäische Bankenaufsicht." Aus Berlin kommt dazu aber bislang ein klares Nein. Auch deshalb hat Barnier einen solchen Vorschlag erst gar nicht gemacht.