Neuordnung des Systems gefordert Politiker machen Front gegen die Banken

Stand: 16.10.2011 13:31 Uhr

Angesichts der neuen Bankenkrise und den möglichen Folgen für die Steuerzahler in Deutschland hat sich eine parteiübergreifende "Koalition der Bankenkritiker" gebildet: Politiker von SPD, Grünen und Union fordern eine Neuordnung der Kreditwirtschaft. Kritik üben sie an Deutsche-Bank-Chef Ackermann.

Die Banken stecken erneut in der Krise - und zahlen sollen vor allem die Steuerzahler, um die Branche zu retten. Diese zeigt sich jedoch wenig kooperativ: So sprachen sich erst kürzlich Vertreter mehrerer Kreditinstitute, darunter auch Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, gegen Pläne für eine Erhöhung der Eigenkapitalquote von Banken aus. Die zu geringe Kapitalausstattung von Banken könnte im schlimmsten Fall zu einer Pleite der Kreditinstitute führen, wenn riskante Geldgeschäfte zu platzen drohen. Politiker fordern nun parteiübergreifend eine Neuordnung der Kreditwirtschaft.

Finanzminister Wolfgang Schäuble warnte im Bericht aus Berlin, eine Wiederholung der Bankenpleiten von 2008 sei nicht zu verantworten. Die Versorgung der Banken mit dem nötigen Kapital stelle eine "wichtige Vorsorge" dar und die Kapitalausstattung der Banken sei knapp. Deshalb verteidigte er in der ARD-Sendung Überlegungen, die europäischen Banken notfalls zwangsweise mit frischem Geld zu versorgen. Auch müsse es klare Kontrollen und Transparenz in allen Bereichen des Bankgeschäfts geben. Das gelte auch für den Schattensektor und so genannte innovative Finanzprodukte.

Gabriel fordert radikale Neuordnung

SPD-Chef Sigmar Gabriel ging noch weiter. Er sprach sich für eine strukturelle Änderung des Bankensystems aus. "Richtig wäre eine Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanken", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". "Ich möchte, dass beim Geschäftsfeld des Investmentbanking ein ganz großes Schild an der Tür steht mit der Aufschrift 'Hier endet die Staatshaftung'".

Er habe überhaupt nichts dagegen, dass Leute mit ihrem Geld spekulierten, so der SPD-Vorsitzende. "Aber wenn die Zockerei schiefgeht, sollten die Spekulanten mit ihrem Geld dafür haften und nicht unschuldige Dritte", sagte Gabriel.

Banken sollen wieder "Diener der Realwirtschaft" sein

"Jeder Mittelständler, der einen Kredit braucht, wird morgen in Schwierigkeiten kommen, wenn eine Bank pleitezugehen droht, weil sie sich im Investmentbanking verzockt hat." Daher müssten die Banken wieder "zu Dienern der Realwirtschaft" werden, forderte Gabriel.

Vor dem Hintergrund der weltweiten Proteste gegen die Macht der Banken sprach Gabriel vom "Ende einer Epoche": "Die Anbetung der grenzenlosen Freiheit der Märkte hat die Welt an den Rand des Ruins gebracht", fügte er hinzu. Zugleich räumte er ein, dass auch die SPD in der Vergangenheit bei der Liberalisierung der Finanzmärkte Fehler gemacht habe.

Özdemir will Schuldenbremse für Banken

Auch der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir tritt für grundlegende Änderungen im Bankensystem ein: "Der Finanzmarkt muss schlichtweg unaufgeregter werden, und dazu gehört, dass Banken nicht mehr 'too big to fail' sein dürfen", sagte er der "Rheinischen Post". Die systemrelevanten Banken hätten Anreize, noch mehr Risiken einzugehen, da im Notfall der Staat mit Steuergeld einspringe. "Diese Logik muss durchbrochen werden. Das heißt, je größer eine Bank, desto höher muss auch das Eigenkapital sein, damit mögliche Verluste von der Bank selbst aufgefangen werden können." Özdemir forderte eine "Schuldenbremse für Banken."

EU-Rettungspläne bringen Banken auf den Plan

Hintergrund der scharfen Töne von Bundespolitikern: Derzeit wehren sich die deutschen Banken massiv gegen Rettungspläne der EU für die Kreditwirtschaft. Die EU fürchtet einen Kollaps der Branche in der Euro-Schuldenkrise. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte gefordert, die Institute sollten sich am Markt frisches Kapital besorgen, um riskante Geschäfte besser abzusichern. Gelinge dies nicht, sollten den Banken Kapitalspritzen aufgezwungen werden.

Das wollte unter anderem der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nicht hinnehmen. Er hatte die Debatte scharf kritisiert und klargestellt, dass das größte deutsche Geldhaus in der Euro-Schuldenkrise - wie schon nach der Lehmann-Pleite - ohne Staatshilfe auskommen wolle.

Ackermann im Visier der Politiker

Grünen-Chef Özdemir sagte dazu: "Ich frage mich, ob Herr Ackermann überhaupt an einer dauerhaften Lösung der Krise interessiert ist." Ebenfalls mit Blick auf die Deutsche Bank sagte der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider im "Spiegel": "Auch wenn sie in der letzten Finanzkrise keine unmittelbare Hilfe erhalten hat, hat sie davon profitiert, dass die Politik einen Kollaps des Finanzmarktes verhindert hat. Etwas Demut stünde Herrn Ackermann gut zu Gesicht."

Kritik an den Ackermann-Äußerungen gab es auch aus der CSU. Die Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte im "Spiegel", Ackermann trage als Vertreter einer wichtigen Bank "große wirtschaftliche, aber auch gesellschaftliche Verantwortung". CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt kritisierte diejenigen Institute, die "immer noch Erträge vorwiegend in Boni und Dividenden stecken".