Barroso und Schäuble streiten über Pläne EU-Kommission will einheitliche Aufsicht für Banken

Stand: 12.09.2012 04:15 Uhr

Die Europäische Zentralbank muss nach den Worten von EU-Kommissionspräsident Barroso die Aufsicht über alle Banken der Euro-Zone erhalten, um die Währungsgemeinschaft gegen Risiken abzusichern. Damit widersprach er erneut der Bundesregierung, die nur große Banken von der EZB kontrolliert sehen will.

Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso will die Euro-Rettung auf eine neue Stufe heben. In seiner Rede zur Lage der Union präsentierte er einen ehrgeizigen Plan zur Bankenaufsicht im Euroraum. Alle 6000 Geldinstitute sollen ab dem kommenden Jahr schon von der Europäischen Zentralbank kontrolliert werden. Allerdings sollen die nationalen Aufsichtsbehörden einbezogen werden.

Besonders bei kleineren Banken könnten sie in der Praxis weiter die Aufsicht ausüben. Die Zentralbanker in Frankfurt am Main müssten aber in allen Fragen das letzte Wort haben, so Barroso: "Die Aufsicht muss überall hinsehen können, denn systemgefährdende Risiken können überall entstehen, nicht nur bei den Großbanken."

Widerspruch aus Berlin

Mit diesem Argument wendet sich der Kommissionschef direkt an die Adresse Berlins. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in den vergangenen Tagen immer wieder gefordert, die EZB-Aufsicht auf die großen, wirklich systemrelevanten Institute zu begrenzen. Um Interessenskonflikte zu vermeiden, soll bei der EZB die Bankenaufsicht strikt von den geldpolitischen Aufgaben getrennt werden. Die Aufsichtsbehörde bekommt eine eigene, unabhängige Führung.

Mit der strengen und einheitlichen Aufsicht will Barroso eine der Ursachen der Finanzkrise an der Wurzel packen. Auch durch das Versagen der nationalen Aufsichtsbehörden kamen immer wieder große Finanzinstitute in Schieflage: "Wenn etwas schief lief, mussten letztlich die Steuerzahler die Kosten tragen." Dieser Teufelskreis von Bankenpleiten und höherer Verschuldung der Krisenstaaten soll jetzt durchbrochen werden, das Vertrauen in das europäische Bankensystem wieder hergestellt werden.

Schäuble hält Agenda für unrealistisch

Die EU-Kommission setzt mit diesen Plänen einen Eilauftrag der Staats- und Regierungschefs vom Juni um. Die gemeinsame Aufsicht soll den Weg dafür bereiten, dass künftig der Euro-Rettungsfonds schlingernden Banken direkt unter die Arme greifen kann - ohne den Umweg über die Staaten. Keine Hilfe ohne effektive Aufsicht - besonders Bundeskanzlerin Merkel hatte auf diesen Zusammenhang bestanden. Dennoch steht Berlin jetzt eher auf der Bremse, der Bundesfinanzminister hält auch den Zeitplan für unrealistisch - das wohl auch aus Sorge vor den EU-Erweiterungen.

Denn für Barroso ist die einheitliche Bankenaufsicht nur der erste Schritt für eine vollständige Bankenunion in der Eurozone: "Das ist die Voraussetzung für ein besseres Management von Bankenkrisen - von der gemeinsamen Abwicklung von kranken Instituten bis zur Sicherung der Spareinlagen."