Reisende des Regionalverkehrs während des GDL-Streiks auf dem Erfurter Hauptbahnhof.

Erneuter Lokführer-Streik Und wieder stehen viele Bahnen still

Stand: 07.03.2024 08:52 Uhr

Zugausfälle und Verspätungen: Seit den frühen Morgenstunden läuft der Streik im Personenverkehr der Deutschen Bahn. Nur 20 Prozent der Fahrten im Fernverkehr finden statt. Doch die große Unsicherheit kommt erst danach.

In den frühen Morgenstunden hat der erneute Streik der Lokführer im Personenverkehr der Deutschen Bahn begonnen. Seit 02.00 Uhr komme es zu Beeinträchtigungen im Regional- und Fernverkehr, erklärte das Unternehmen.

Der Notfallfahrplan "funktioniert bisher gut", sagte DB-Sprecher Achim Stauß im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Es sei aber "nur ein Grundangebot". Im Fernverkehr fänden etwa 20 Prozent der Fahrten statt, im Regionalverkehr gebe es "deutliche regionale Unterschiede", sagte Stauß.

Fahrgäste, die die Reise aufgrund des Ausstands nicht antreten, können sich den Ticketpreis erstatten lassen. Die Zugbindung für den 7. und 8. März ist aufgehoben. Erst am Samstag solle der Bahnverkehr wieder wie gewohnt laufen, hieß es.

GDL droht mit "Wellenstreiks"

Es ist der bereits fünfte Streik in der laufenden Tarifauseinandersetzung zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn. Er soll 35 Stunden dauern und um 13 Uhr am Freitag enden. Im Güterverkehr begann der Ausstand bereits am Mittwochabend.

Auf die aktuelle Arbeitsniederlegung sollen sogenannte Wellenstreiks folgen - anders als bisher will die GDL sie nicht mehr 48 Stunden vorher ankündigen. Auch sollen sie länger werden.

Die Bahn forderte die GDL auf, rechtzeitig über mögliche weitere Streiks zu informieren. "Wir appellieren ganz dringend an die GDL, Streiks vorher anzukündigen", sagte Bahn-Sprecher Stauß. Nur so könne die Bahn ein "Grundangebot" organisieren. Das funktioniere nur mit Vorlauf. 

Genau das will die GDL aber mit den "Wellenstreiks" verhindern. "Damit ist die Eisenbahn kein zuverlässiges Verkehrsmittel mehr", hatte GDL-Chef Klaus Weselsky gesagt, nachdem die Gewerkschaft die letzte Verhandlungsrunde für gescheitert erklärt hatte.

Streit um 35-Stunden-Woche

Vier Wochen lang hatten Bahn und GDL zuletzt hinter verschlossenen Türen zusammengesessen, um einen Kompromiss zu finden. Dabei wurden zwei externe Vermittler hinzugerufen: Der frühere Bundesminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther moderierten die Verhandlungen. Knackpunkt der Gespräche ist weiterhin die Kernforderung der GDL nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. 

Für Kritik sorgte zuletzt eine falsche Darstellung des Verhandlungszwischenstands durch Weselsky, die er mit einem "Denkfehler" begründete. Ein Kompromissvorschlag der Moderatoren sah eine Absenkung der Arbeitszeit auf 36 Stunden bis 2028 in zwei Stufen vor. Laut Weselskys Schilderung lag der Vorschlag viel weiter von der GDL-Forderung entfernt, als er tatsächlich tat. Dies musste der GDL-Chef richtig stellen.

Weselsky rechtfertigt den Streik

Im Morgenmagazin von ARD und ZDF rechtfertigte Weselsky den Streik. Dieser sei trotz seines "Denkfehlers" unausweichlich gewesen. In dem Vorschlag gab es "eine ganze Reihe von Punkten, die für uns insgesamt nicht annehmbar waren." Es sei nicht nur um die Arbeitszeit gegangen.

Der Deutschen Bahn warf Weselsky vor, in der Öffentlichkeit jetzt Zugeständnisse zu benennen, die sie in den Verhandlungen nicht gemacht habe. Das sei "geschickte PR, ganz eindeutig" - "bis einschließlich jetzt hat die Bahn das so nicht angeboten".

Fuest: "Ist das alles noch verhältnismäßig?"

Der Präsident des ifo-Instituts, Clemens Fuest, bezeichnete den aktuellen Streik, der gleichzeitig mit der Arbeitsniederlegung an deutschen Flughäfen läuft, im Morgenmagazin als zusätzlichen Dämpfer für die sowieso schon schwächelnde Konjunktur im Land.

Fuest bekräftigte die Ansicht anderer Wirtschaftsexperten, dass eine Rezession, in die Deutschland derzeit reinrutscht, die Bereitschaft zu Zugeständnissen in Tarifkonflikten mindert. "Der Kuchen, den es zu verteilen gilt, wird kleiner und dann nimmt der Streit zu. Es ist viel leichter in einer wachsenden Konjunktur Zugeständnisse zu machen, als wenn man sowieso schon mit dem Rücken zur Wand steht."

Fuest gab zu bedenken: "Das sind systemisch wichtige Bereiche, damit wird die ganze Bevölkerung erreicht. Deshalb muss man schon überlegen, ob das alles noch verhältnismäßig ist." Auch Vorschläge, das Streikrecht einzuschränken, lehnt Fuest nicht grundsätzlich ab: "Man könnte zumindest die Spielregeln etwas ändern und zum Beispiel sagen, dass solange noch Tarifverträge laufen, nicht gestreikt wird."