"Weltbericht zur sozialen Sicherung" Sparkurs führt zu Armut in Europa

Stand: 03.06.2014 09:39 Uhr

Die Kürzungen staatlicher Sozialleistungen haben in Europa zu mehr Armut und sozialer Ausgrenzung geführt. Das ergab ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation ILO. Ein Viertel der EU-Bevölkerung ist mittlerweile davon betroffen.

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat die Kürzungen staatlicher Sozialleistungen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa scharf kritisiert. Zusammen mit Arbeitslosigkeit, niedrigeren Löhnen und höheren Steuern hätten diese Maßnahmen zu "mehr Armut und sozialer Ausgrenzung" geführt, erklärte die ILO in ihrem Weltbericht zur sozialen Sicherung.

"Verfrühte Ausgabenkürzungen"

In der EU seien mittlerweile 123 Millionen Menschen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen - 24 Prozent der Bevölkerung. Die Errungenschaften des europäischen Sozialmodells, das in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Armut drastisch verringert und den Wohlstand gefördert habe, sei "durch kurzfristige Anpassungsreformen untergraben" worden, kritisieren die ILO-Experten.

In der ersten Krisenphase der Jahre 2008 und 2009 gab es weltweit noch in 48 Ländern Konjunkturpakete mit einem Gesamtvolumen von 2,4 Billionen Dollar (knapp 1,8 Billionen Euro), wovon ungefähr ein Viertel in soziale Sicherungsmaßnahmen investiert wurde. Ab dem Jahr 2010 seien die meisten Regierungen dann aber zur "Haushaltskonsolidierung und zu verfrühten Ausgabenkürzungen" übergegangen. Die Wirksamkeit der sozialen Sicherungssysteme sei wegen dieser Einsparungen "gefährdet".

Ein Mann kramt in einer Mülltonne

123 Millionen Menschen in der EU sind von Armut betroffen.

"Menschenrecht auf soziale Sicherheit" noch unverwirklicht

Die ILO rechnet damit, dass in diesem Jahr immer noch 122 Länder, davon 82 Entwicklungsländer, ihre Staatsausgaben senken werden. Nach Einschätzung der Experten trägt soziale Sicherung aber auch zu wirtschaftlichem Wachstum bei, weil sie die Haushaltseinkommen und damit den Inlandskonsum stütze.

Für die große Mehrheit der Weltbevölkerung bleibe das "grundlegende Menschenrecht auf soziale Sicherheit" aber noch unverwirklicht, heißt es in dem Bericht. Nur 27 Prozent der Menschen weltweit haben demnach Zugang zu umfassenden sozialen Sicherungssystemen, 73 Prozent sind nur teilweise oder gar nicht abgesichert. Nur zwölf Prozent der Arbeitslosen weltweit erhalten Arbeitslosengeld, 48 Prozent der Menschen im Rentenalter erhalten keine Rente, und 39 Prozent der Menschen haben keine Absicherung im Krankheitsfall - in armen Ländern sind dies sogar mehr als 90 Prozent.

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