AIG-Gründer verklagt US-Regierung Unerwünschte Rettung

Stand: 23.11.2011 16:28 Uhr

War es die Rettung der Finanzwirtschaft vor dem Kollaps? So sieht zumindest das US-Finanzministerium die fast vollständige Übernahme des AIG-Konzerns 2008 durch den Staat. Doch AIG-Gründer Greenberg sieht sich betrogen und reichte Klage auf 25 Milliarden Dollar Schadensersatz ein.

Von Silke Hasselmann, MDR-Hörfunkstudio Washington

Die Geschichte dazu beginnt 2005. Damals gab es Betrugsvorwürfe gegen den AIG-Gründer und jahrzehntelangen Vorstandschef Maurice "Hank" Greenberg. Der nahm den Hut und gründete einen Investmentfonds namens Starr International. Wenig später kaufte Greenberg derart viele AIG-Aktien, dass er zu Beginn der Finanzmarktkrise 2008 als einer der ganz großen Anteilseigner galt. Durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers taumelte plötzlich sogar der weltgrößte Rückversicherungskonzern AIG am Abgrund.

Er hoffe, dass die Ratingagenturen und auch der Staat AIG nicht in den Bankrott gehen lassen, sagte Greenberg damals im Fernsehsender CNBC. "Der Konzern ist ein solventer Weltkonzern und ein sehr wichtiges Instrument für die USA. Es wäre ein tragischer Fehler."

US-Regierung rettete AIG vor dem Aus

Noch im September 2008 vergab die New Yorker Zentralbank unter der Leitung des heutigen Finanzministers Timothy Geithner einen Rettungskredit über sagenhafte 85 Milliarden Dollar an AIG. Allerdings: im Tausch gegen knapp 80 Pozent der AIG-Anteile. "Unsere Maßnahmen waren notwendig, rechtmäßig und verfassungsgemäß", hieß es nach Eingang der Klageschrift am Montag aus dem Finanzministerium. Man habe geholfen, das amerikanische Wirtschaftssystem, die AIG und "das gesamte weltweite Finanzsystem vor dem Kollaps zu bewahren“.

In der Klageschrift wird das Gegenteil behauptet: "Mit Blick auf die Verfassung rechtfertigt ein womöglich löbliches Ziel nicht die unrechtmäßig eingesetzten Mittel." Kein anderes in Not geratene Finanzinstitut sei zu einer Teilverstaatlichung gezwungen worden. Hank Greenberg hält sie immer noch für geschäftsschädigend. "Was AIG künftig tun sollte? Solange der Staat 80 Prozent der Aktien besitzt, handelt es sich um ein verstaatlichtes Unternehmen. Niemand wird sein Geld darin anlegen", sagte Greenberg 2009 bei Bloomberg TV.

Finanzhilfen zu hoch angesetzt

Darüber hinaus scheint der Ex-AIG-Vorstandschef zu glauben, dass der Versicherungskonzern gar nicht so viele staatliche Finanzhilfen gebraucht hätte wie die insgesamt 182 Milliarden Dollar. "Nachdem sich die Regierung die Kontrolle verschafft hatte, nutzte sie die AIG, um über die Hintertür für andere Institutionen - auch ausländische - erheblich vorteilhaftere Rettungsaktionen (als den offiziellen Bankenrettungsfonds, Anm.) zu organisieren", heißt es in der Klageschrift.

Finanzminister Geithner hatte voriges Jahr nur mühsam eine Kongressanhörung zu diesem Thema überstanden. Hakt nun ein Bundesrichter nach, könnte es noch unangenehmer für ihn werden.

Warum ließ die New Yorker Zentralbank unter seiner Leitung zu, dass der Versicherer AIG Ende 2008 Investmentbanken wie JP Morgan, Goldman Sachs und Deutsche Bank zu Hauf Schrottimmobilienpapiere für den Preis aus rosigen Zeiten abkaufte - mit dem Geld der Steuerzahler? Allein Goldman Sachs hatte sich auf diesem AIG-Umweg acht Milliarden Dollar Verluste vom Steuerzahler begleichen lassen, während die AIG nun noch tiefer in der Kreide stand. Die Folge, so Kläger Greenberg: AIG verkaufte mehr Vermögenswerte als nötig, minderte somit den Unternehmenswert und schädigte folglich Anteilseigner wie Starr Corporation erheblich - macht in der Summe 25 Milliarden Dollar Schadensersatz.