Fragen und Antworten zur Milchquote Aus für die Quote - gut für die Bauern?

Stand: 31.03.2015 03:14 Uhr

Nach 31 Jahren schafft die EU die Milchquote ab. Die Erzeuger produzieren also ab sofort so viel Milch, wie sie wollen und können. Warum gab es die Quote? Wer profitiert von ihrer Abschaffung? Und was ist ein "Sofamelker"? Ein Überblick über Fragen und Antworten.

Von Ute Welty, tagesschau.de

Warum wurde die Milchquote eingeführt?

Die Milchquote wurde 1984 von der damaligen Europäischen Gemeinschaft eingeführt, um die Milchproduktion in den Mitgliedsstaaten zu beschränken. Die Quote war eine Reaktion auf die steigende Agrarproduktion, die bereits Ende der 1970er-Jahre zu den sprichwörtlichen Milchseen und Butterbergen geführt hatte. Die Überschüsse wurden teuer vom Markt gekauft. Ursprünglich nur für fünf Jahre geplant, wurde die Quote immer und immer wieder verlängert.

Die Reglementierung des Angebots über die Quote sollte für stabile Preise sorgen. Wer mehr Milch als vereinbart produzierte, musste eine sogenannte Superabgabe zahlen.

Die Europäische Union übernahm die Regelung mit ihrer Gründung 1993. Bis 2000 konnten Quoten verpachtet oder verleast werden. Bauern, die das taten, galten als "Sofamelker".

Ab 2000 war der Handel von Quoten nur noch an Quoten- oder Milchbörsen möglich. Nur innerhalb der Familie konnten im Falle der Hofübergabe oder bei Kooperationen unter bestimmten Bedingungen die Milchquoten außerhalb der Milchbörse übertragen werden.

Warum wird die Quote jetzt abgeschafft?

Die Quote wird vor allem wegen anhaltender Erfolgslosigkeit abgeschafft. Butterberge und Milchseen wurden zwar kleiner. Aber die Quote führte keineswegs dazu, dass die Preise stabil blieben. So konstatiert der Deutsche Bauernverband, dass die Erzeugerpreise für Rohmilch in den vergangenen 31 Jahren seit der Quoteneinführung um bis zu 20 Cent pro Kilogramm geschwankt seien.

Der Verband schätzt weiter, dass die Quote die Milchbauern um drei Milliarden Euro belastet hat  - Geld, das zum Beispiel für Investitionen fehle. So hätten die Milchviehbetriebe eher unterdurchschnittliche Einkommen erwirtschaftet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist von 1984 bis 2014 die Anzahl der deutschen Milcherzeuger von 369.000 auf 78.000 zurückgegangen. Das entspricht einem Rückgang von 79 Prozent.

Wird die Milch nun teurer?

Auf die Supermarktpreise für Milch und Milchprodukte wird das Ende der Quote EU-Kreisen zufolge voraussichtlich keine direkten Auswirkungen haben. Der Preis im Regal hänge nämlich von vielen verschiedenen Akteuren ab. Tatsächlich verkaufen Bauern die Milch meist nicht direkt. Sie kommt über Genossenschaften, Molkereien, Händler und große Lebensmittelkonzerne zum Verbraucher.

In einen EU-Hintergrundpapier heißt es, Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigten, "dass es nicht immer eine Korrelation zwischen dem gibt, was dem Bauern bezahlt wird und was der Konsument zahlt".

Danach sei beispielsweise der Preis, der an die Bauern gezahlt worden sei, in der zweiten Jahreshälfte 2014 EU-weit um 7,7 Prozent und in Deutschland sogar um 11,7 Prozent gefallen. Im selben Zeitraum hätten die Verbraucher für Milch in der EU durchschnittlich 1,5 Prozent und in Deutschland sogar vier Prozent mehr zahlen müssen.

Wer profitiert von der Abschaffung?

Die EU-Kommission begründet die Abschaffung hauptsächlich damit, dass außerhalb der EU immer mehr Milch getrunken und Käse gegessen wird. Hauptimporteur von Milch und Milchprodukten ist China. Diesen Markt will sich die EU nicht von den USA oder Kanada nehmen lassen. Schließlich bezahlen Chinesen für einen Liter deutsche Milch gerne bis zu 3,50 Euro, auch weil sie glauben, diese Milch komme ausschließlich von glücklichen Kühen.

Aufgrund des Riesenmarktes erzielter der Milchverarbeiter Hochwald mit seinen Traditionsmarken Bärenmarke und Glücksklee beispielsweise im ersten Quartal 2013 allein in China einen höheren Umsatz als im gesamten Vorjahr.

Folglich dürften von der Abschaffung der Quote vor allem größere Betriebe profitieren, die über eine entsprechende Fläche verfügen, um mehr Milchkühe unterzubringen. In Brandenburg werden schon jetzt im Schnitt 224 Kühe pro Betrieb gehalten, in Bayern dagegen nur 35.

Gerade die kleineren Betriebe sieht der Landwirt und grüne Bundestagsabgeordnete Friedrich Ostendorff in Gefahr: "Die Abschaffung der Quote bei ungebremster Mengenentwicklung nützt nur den großen Molkereien und ihren Exportinteressen, denn es fehlen wirksame Kriseninstrumente. Wenn die Milchmenge weiter explodiert, werden bis 2020 weitere 20 Prozent der Betriebe aufhören."

Was bedeutet der Wegfall der Quote für die Tierhaltung?

Tierschützer befürchten, dass sich der Trend zur Hochleistungskuh weiter verfestigt. Schließlich geben Kühe heute etwa dreimal so viel Milch wie vor 60 Jahren. Sie werden aber auch nur fünf statt 25 Jahre alt. Tanja Busse, Autorin des gerade erschienenen Buchs "Die Wegwerfkuh", spricht von einem "Burnout der Kühe".

Die Spezialisierung auf Milch habe außerdem zur Folge, dass die männlichen Kälber von Hochleistungkühen tendenziell überflüssig werden würden. Ihre Preise seien in den vergangenen Jahren so tief gesunken, dass es sich kaum rentiere, sie aufwändig zu betreuen und mit Medikamenten zu versorgen.

Die Welttierschutzgesellschaft warnt ebenfalls vor dem Wegfall der Quote und empfiehlt, die Milch von lokalen Betrieben mit eigener Hofmolkerei zu kaufen. Kühe bräuchten den Weidegang oder einen großen Laufstall.

Insgesamt sind Biobauern vom Wegfall der Milchquote weniger betroffen als ihre konventionellen Kollegen. Der Preis für Biomilch ist konstanter und wegen der aufwendigeren Viehhaltung auch höher. Derzeit liegt er bei 47 Cent pro Liter. Konventionelle Rohmilch kostet nur 30 Cent pro Kilogramm.

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